Die Alles-Verschicker vom Airport

von Redaktion

Medikamente, Verträge und Tiere im Eilversand: Ein Besuch im DHL Express-Zentrum

Der Aston Martin DB5 aus acht Bond-Filmen auf Reisen. © dhl

Seekuh Piccolina ist 2023 1600 Kilometer geflogen. © DHL

Ein Airbus A300 wartet am Flughafen München auf den Start gen Leipzig.

In das neue Gebäude für den Gateway hat DHL Express 104 Millionen Euro investiert.

Blick in den großen Alu-Container auf dem Rolldeck: Staatsminister Florian Herrmann (li.) und Mustafa Tonguc, Chef von DHL Express Deutschland. © Marcus Schlaf (3)

München – Millionenschwere Verträge, Brautkleider, Seekühe, Antilopen und den legendären Aston Martin DB5 von James Bond – all das hat DHL schon verschickt. Genauer: Die Express-Abteilung per Flugzeug. Am Flughafen München hat DHL Express sein Logistikzentrum massiv ausgebaut. Seit vergangenem Herbst verfrachten hier auf 11 000 Quadratmetern nicht mehr nur 72 sondern 250 Mitarbeiter jeden Tag Sendungen in alle Welt – vom federleichten Brief über medizinische Laborproben und lebensrettende Medikamente bis hin zu Spezialfrachten wie Filmrequisiten oder Tiere.

„Just in time“ lautet das Credo im Team von Mustafa Tonguc. „Gibt ein Münchner Geschäftsmann ein Dokument etwa bis 17 Uhr beim Kurierdienst auf, garantieren wir innerhalb Europas, dass es bis neun Uhr morgens am Zielort ankommt“, erklärt der Chef von DHL Express Deutschland und Österreich. „Genauso tun es Ingenieure mit Maschinenbauteilen. Steht das Band einer türkischen Fabrik still, sind wir für den bayerischen Hersteller der schnellste Weg, das nötige Teil dorthin zu bringen.“ Das hat seinen Preis. „Aber was würde es kosten, spontan Mitarbeiter loszuschicken, einen Flug zu ergattern und Sperrgut aufzugeben?“, fragt Tonguc. Zum Vergleich: Wer ein Zwei-Kilo-Paket ab Filiale „via Land“ nach Italien schickt, zahlt an die 15 Euro. Für die Express-Variante über 70 – ohne Zeitwunsch-Zuschläge.

Mustafa Tonguc steht im mausgrauen, 104 Millionen Euro teuren Neubau am Flughafen München und schaut aus dem Fenster direkt auf einen gelben Airbus A300 mit dem roten DHL-Schriftzug. 45 000 Tonnen passen rein. Er wird abends nach Leipzig fliegen. Bis es soweit ist, muss im Erdgeschoss viel passieren. Heute führt Alles-Verschicker Tonguc Staatsminister Florian Herrmann durch die Halle, in der täglich in zwei Schichten jede Minute zählt. Morgens um 6.30 Uhr fahren die ersten Pakete in Zustellerfahrzeugen ab, damit Kunden in ganz Bayern ihr Paket bis neun Uhr in der Hand halten. Parallel treten alle eiligen Pakete von hier das Boarding an. Abends ist‘s genauso hektisch.

„Der Ausbau des Gateways hier in München ist ein starkes Zeichen von DHL und verbindet uns als eine der wirtschaftlich stärksten Regionen Deutschlands mit globalen Märken“, sagt Herrmann auf dem Weg entlang der Förderbänder, hinauf in die Etage für Kleinsendungen, die in Säcke gehüllt werden, und wieder hinunter zum Rolldeck. Über die vielen kleinen Rollen auf dieser Plattform können die für Flugzeugtypen maßgefertigten Alu-Container selbst mit hunderten Kilos Ladung mühelos bewegt werden.

In der Welt des fliegenden Eilbotendienstes unterscheidet man Frachtzentren in Annahmestation, Gateway und Hub. Leipzig ist ein Hub, ein Drehkreuz für internationalen Frachtverkehr. Dort starten pro Tag 70 bis 90 reine DHL-Flugzeuge. Da dort Nachtflüge erlaubt sind, kann DHL sogar einen Nächsten-Tag-Service an die US-Ostküste anbieten. Vom Gateway München, Heimat zweier DHL-Flieger sowie 64 Zustellfahrzeuge, starten täglich maximal drei Flüge. Einer nach Leipzig sowie Thessaloniki und/oder Malpensa in Italien. „Wir arbeiten auch mit Airlines wie Lufthansa zusammen“, sagt Tonguc. So wird Eilpost zur Beifracht im Passagierflieger.

80 Prozent des Geschäfts läuft B2B, also von Unternehmen zu Unternehmen. Für Privatleute wird Express-Versand wohl dann interessant, wenn es um viel Geld oder Emotion geht: „Ich weiß nicht, wie viele Trauungen wir schon durch daheim vergessene Eheringe gerettet haben“, sagt Tonguc und lacht. Jede Fracht wird gescannt, wie Koffer bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Der Zoll führt hier im eigenen Bereich Kontrollen durch. Nach jenem Schritt startet das große Tetris-Spiel, um die Container effizient zu beladen. Ihr Gesamtgewicht spielt eine große Rolle. Das Express-Flieger soll ja weder mit Kopf noch Po am Boden aufsetzen – sondern just in time abheben. CORNELIA SCHRAMM

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