„Bleiben Sie ruhig, nicht nach hinten schauen“

von Redaktion

Opfer des Zugunglücks schildern vor Gericht ihre Erlebnisse

München – Der elfte Prozesstag um das Bahnunglück von Burgrain bei Garmisch-Partenkirchen stand gestern ganz im Zeichen der Unfallopfer. Vier Frauen berichteten, was ihnen am 3. Juni 2026 in der Regionalbahn RB6 nach München passiert war. Alle waren bei der Entgleisung des Zuges schwer verletzt worden. Allen fiel es schwer, über den Unfall zu sprechen. Behutsam ging der Vorsitzende Richter Thomas Lenz auf die Zeuginnen ein, bat sie, auch ihre psychischen Beschwerden zu schildern. Da flossen bei einer 45-Jährigen aus Eschenlohe die Tränen.

Die Frau hatte sich im Doppelstockzug oben auf einen Einzelplatz gesetzt. „Ist Ihnen etwas aufgefallen?“, fragte der Richter. Die Zeugin rang um die passenden Worte. „Es wurde viel gestritten, dann rüttelte es im Zug.“ Als nächstes fand sie sich in einem Bach wieder. Wie sie rausgeschleudert wurde, wusste sie nicht. Sie hatte Schmerzen, sah ein Kind mit Blut verschmierten Beinen, sie schrie: „Ich brauche Hilfe.“ Jemand brachte ihr einen Stuhl, sie hatte Schmerzen im Rücken und blutete im Gesicht. „Mit einem Kind wurde ich in die Klinik nach Murnau gefahren.“

Schwerer als die körperlichen Probleme wogen die psychischen. Zudem wurde ihr gekündigt. Sie entwickelte eine Angststörung, konnte nicht mehr in einen Zug steigen. Die Bahn zahlte 20000 Euro Entschädigung. Sichtlich bewegt entschuldigten sich die beiden Angeklagten und wünschten der Frau wie später auch den anderen Opfern alles Gute.

Körperlich härter erwischte es eine Hamburgerin. Die konnte sich noch an einen Ruck erinnern, dann fand sie sich bäuchlings auf einem Busch. Ein Mann kam vorbei und sagte: „Bleiben Sie ruhig, nicht nach hinten schauen.“ Dann brachte sie die Rettung nach Murnau. Sie hatte zwölf Rippenbrüche, einen Fuß- und Wirbelbruch und einen Venenriss erlitten. Sie musste sechs Wochen liegen. Seit dem Unfall sei sie sehr schreckhaft geworden, in einen Zug steige sie nicht mehr.

Das bestätigten auch die anderen Frauen. Eine Schülerin erinnerte sich, dass sie an den beiden Tagen vor dem schweren Unglück beim Befahren der späteren Unfallstelle erst ein Ruckeln und dann einen Schlag verspürt hatte.

In der Früh hatte es im Prozess einen Notfall gegeben. Einem Zeugen versagte der Kreislauf. Er wurde versorgt, konnte aber dann weiter aussagen.

ANGELA WALSER

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