Bäuerinnen wollen mitreden

von Redaktion

Gleiches Recht für Mann und Frau: Bauernverband ringt um Satzung

Das Duo an der Spitze des Bayerischen Bauernverbands: Präsident Felßner und Landesbäuerin Singer. © Peter Kneffel/dpa

Herrsching – „Zukunft Europa?!“ steht als Thema über der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbands, die am Donnerstag und Freitag in der Bildungsstätte des BBV in Herrsching (Kreis Starnberg) stattfindet. Es wird um die Zukunft der EU-Agrarpolitik gehen, wenn Bauernpräsident Günther Felßner, Agrarministerin Michaela Kaniber und Landesbäuerin Christine Singer, die auch für die Freien Wähler im EU-Parlament sitzt, das Wort ergreifen.

So richtig spannend dürfte es aber erst werden, wenn die Vertreter der Bäuerinnen und Bauern in nichtöffentlicher Sitzung über eine neue Satzung des Verbandes diskutieren. Schon 2019 hatte eine Kommission die Arbeiten an einem neuen Regelwerk begonnen. Hintergrund ist, dass bisher lediglich die Betriebsleiter zählen. „Ich bin ja eigentlich gar nicht Mitglied im Bayerischen Bauernverband“, sagt die Landesbäuerin. Das sei eine Grauzone und darum sei eine Satzungsänderung ganz unbedingt notwendig, „um dieses Konstrukt des Bauernverbands mal auf gesunde Füße zu stellen“. Die Datenschutzgrundverordnung erfordert es nun, dass auch Ehefrauen und die Jungbauern als Mitglieder geführt werden.

Bislang ist es laut Satzung theoretisch möglich, dass eine Frau bayerischer Bauernpräsident werden könnte. „Ein Mann aber keine Landesbäuerin“, merkt Christine Singer mit einem Schmunzeln an. Agrarpolitik ist noch immer vorwiegend Männersache im bayerischen Bauernverband – eine der wenigen Ausnahmen ist die Europapolitikerin Christine Singer. Es wäre schon eine Sensation, wenn einer der sieben Bezirkspräsidenten aus den Reihen der Landfrauen käme. Das scheiterte aber bislang auch daran, dass es dafür keine Kandidatinnen gab. Doch hier soll die neue Satzung wichtige Änderungen bringen. Noch wählen die Männer ihren Ortsobmann und die Frauen getrennt ihre Ortsbäuerin. Künftig sollen von der Ortsebene an die Verbandsvertreter gemeinsam von Männern und Frauen gewählt werden. Dezidiert soll es in der neuen Satzung heißen: „Jede Funktion im Verband kann durch ein männliches oder weibliches Mitglied besetzt werden.“ Für Christiane Ade (53), stellvertretende Landesbäuerin, ist es weniger eine Frage, wann es die erste Bauernpräsidentin gibt, als vielmehr: „Wann haben wir den ersten Mann, der Landesbauer ist?“

Zur nächsten Wahl, die im Herbst 2026 auf Ortsebene beginnt und 2027 mit der Wahl des Bauernpräsidenten enden wird, könnte eine solche Satzungsänderung mit gemeinsamen Wahlen noch nicht greifen. Stellvertreterinnen von Kreisobmännern kann Franken aber bereits vorweisen. Schließlich steigt auch die Zahl von Frauen, die ihren Hof als Betriebsleiterin führen: Derzeit sind es elf Prozent, Tendenz steigend.

Ob die neue Satzung, die verbandsintern als „heißes Eisen“ gesehen wird, aber verabschiedet wird, ist noch fraglich. Wie man hört, gibt es bei einigen Männern die Sorge, dass die Frauen in der Agrarpolitik dominant mitreden könnten. „Ich sehe das als fortschrittlich in unserem Verband an, dass wir gleich viele Männer und Frauen im Ehrenamt haben. Das ist doch die Chance!“, sagt Christine Singer. Die Männer müssten jedenfalls nicht befürchten, „dass auf einmal ihre Kompetenzen futsch sind“. Es ist weniger ein Geschlechterkampf, der derzeit den Bauernverband bewegt. Vielmehr geht es darum, wie sich der Verband für die Zukunft aufstellt. Wenn es künftig mehr Mitglieder gibt, die nicht aktive Landwirte sind, befürchten manche Bauern, dass der Betrieb nicht mehr so durch den Verband vertreten werde.

Christine Reitelshöfer (58), ebenfalls stellvertretende Landesbäuerin, hat wie Ade in der Satzungskommission mitgearbeitet. „Mit der Satzungsänderung wird es für die Frauen mit einer Agrarausbildung leichter werden, in die Schiene der Agrarverbandsarbeit einzusteigen.“ Manche Männer hätten wohl Bedenken, dass im Agrarausschuss dann zu viel gesellschaftspolitische Arbeit gemacht werde. Eine Sorge, die Reitelshöfer vom Tisch fegt: „Die Frauen, die sich für diese Ämter bewerben, haben Landwirtschaft studiert und führen den Betrieb.“ Die denken politisch. Man müsse den jungen Frauen eine Zukunft im Verband geben. CLAUDIA MÖLLERS

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