Heimplatz wird zum Luxusgut

von Redaktion

Das Leben im Pflegeheim wird von Jahr zu Jahr teurer. © Getty

München/Rosenheim – Eigentlich müsste sich Guido Bucholtz aktuell nicht mit den steigenden Heimkosten befassen. Seine Frau ist im Sommer gestorben. Zuvor hatte sie dreieinhalb Monate im Haus St. Maria Ramersdorf in München gelebt. Der Eigenanteil betrug 4336 Euro pro Monat. Bucholtz war froh, einen guten Pflegeheimplatz für sie gefunden zu haben, er hatte sie zuvor zwölf Jahre zu Hause gepflegt. Wie hoch die Kosten sind, die Familien stemmen müssen, treibt ihn aber noch heute um. Besonders der Anteil der Investitionskosten, der zu den Preisen für die Unterkunft, für Verpflegung und zum Eigenanteil für die Pflege dazukommt. Das waren in seinem Fall rund 600 Euro. Pro Monat und Bewohner. Bei 200 Senioren in St. Maria Ramersdorf eine stolze Summe, findet Bucholtz. „Und es ist schwer nachvollziehbar, wie sie sich zusammensetzt.“

Bucholtz saß lang im Bezirksausschuss Perlach, im Heim war er als Bewohner-Vertreter aktiv. Im März, als er die erste Heimrechnung erhielt, hat er einen Brief an die Münchner Bürgermeisterin Verena Dietl geschrieben, die auch Aufsichtsratvorsitzende der Münchenstift ist. Dass die hohen Investitionskosten von den Bewohnern getragen werden müssen, sei unverständlich. Auch wenn viele Renovierungen in dem Heim zu Verbesserungen geführt hätten, leuchte ihm nicht ein, warum die Kosten dafür komplett auf die Bewohner umgelegt werden, schreibt er und stellt Dietl die Frage: „Welche Möglichkeiten sehen Sie, die Investitionskosten (zumindest teilweise) an die Stadt, den Bund oder den Freistaat zu übertragen?“

Dietl erklärt in ihrer Antwort ausführlich, dass die Investitionskosten ebenso wie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung keine Leistung der Pflegeversicherung sind. Bayern hatte nur bis 2002 Pflegeheime gefördert, danach nicht mehr. So musste St. Maria Ramersdorf frei finanziert werden. Erst 2020 hatte der Freistaat über ein Zuschussprojekt die Förderung wieder aufgenommen, erklärt Dietl. „Sie ist jedoch mit 60 000 Euro pro Platz viel zu gering.“ Das decke nur rund 25 Prozent pro Platz, den Rest müssen die Bewohner tragen. Eine Förderung durch die Stadt München umfasst nur Neu- und Ersatzbauten sowie Modernisierungen. Vom Bund sei derzeit keine Förderung zu erwarten, schreibt Dietl.

Das Thema treibt Bucholtz um. „Alle Familien müssen sich bewusst machen, was durch die Pflege finanziell auf sie zukommen kann“, appelliert er. Zumal die Heimkosten von Jahr zu Jahr steigen. Kostentreiber sind vor allem die stark gestiegenen Sachkosten und die aufgestockten Gehälter der Pflegekräfte. Der aktuelle Koalitionsvertrag sieht eine Begrenzung des Eigenanteils vor. Wann und wie sie realisiert wird, ist offen.

Schon seit einigen Jahren brauchen immer mehr Betroffene staatliche Hilfen, um sich die Pflege im Heim leisten zu können. Das belegen die Zahlen des Bezirks Oberbayern. 2022 erhielten noch 13 812 Menschen Hilfe zur stationären Pflege (insgesamt waren es damals 136,3 Millionen Euro). 2024 waren es schon 15 310 Menschen und 197 Millionen Euro. Und für 2025 rechnet der Bezirk mit 227,4 Millionen Euro Unterstützung für 15 970 Menschen. Die Zahlen werden im nächsten Jahr weiter steigen, laut Prognose auf 249,2 Millionen Euro und 16 510 Betroffene.

Gabriele Farcher aus Rosenheim musste zeitweise für ihre beiden Eltern einen Heimplatz bezahlen. Das waren knapp 8000 Euro Eigenanteil pro Monat, berichtet sie. Ihre Mutter starb nach kurzer Zeit, nun lebt nur noch ihr 96-jähriger Vater im Heim. Der Eigenanteil liegt jetzt bei 3958,33 Euro. Farcher ist nicht auf Unterstützung vom Bezirk angewiesen, betont aber: „Mit einer kleinen Rente kann sich das doch kaum jemand leisten.“ In ihrer Abrechnung liegen die Investitionskosten bei 644,90 Euro. Das ist mehr als die Unterkunftskosten (561,55 Euro) und die Kosten für die Verpflegung (573,42 Euro). Vom Heim hat Farcher bereits einen Brief bekommen, dass die Kosten für das Zimmer ihres Vaters 2026 voraussichtlich um 174 Euro pro Monat steigen werden.

Die 64-Jährige hat zu Hause bereits mehrere Ordner mit Unterlagen und Formularen gefüllt. Sie hat früher bei einer Krankenkasse gearbeitet und deshalb etwas Vorwissen. Trotzdem brauchte sie lange, bis sie sich auskannte mit allen Anträgen und Abrechnungen, sagt sie. „Die ganzen Fachbegriffe muss man erst mal verstehen.“ Farscher vermutet, dass viele Betroffene gar nicht wissen, welche Hilfe sie beantragen können. Oder ihnen fehle schlichtweg die Kraft für den Antrags-Wust.

Artikel 6 von 11