Fußballerin Giulia Gwinn mit ihrem Orden.
Der Verfassungsorden verleiht der Bayerische Landtag.
Eine Auszeichnung für eine Ehrenamtlerin mit Herz: Landtagspräsidentin Ilse Aigner (r.) überreicht Edda Drittenpreis aus Dachau den Verfassungsorden. © Achim Frank Schmidt (9)
München – Edda Drittenpreis ist jemand, der die Füße selten hochlegt. Zuletzt zwang sie eine Operation dazu. Aber jetzt ist die 77-Jährige wieder voll in Fahrt. Weihnachten steht vor der Tür. Deshalb gibt es in der Dachauer Tafel auch extra viel zu organisieren. „Einst kam ich dazu wie die Jungfrau zum Kind – heute ist es ein Vollzeit-Job“, sagt die ehrenamtliche Leiterin. Nach fast 25 Jahren ist Dachauer Tafel „ihr Baby“ und das Team ihre Familie. 2002 drohte das Projekt für Bedürftige kurz vor knapp zu scheitern. Aber als Tonnen von Obst und Gemüse angerollt kamen, koordinierte Drittenpreis die Verteilung kurzerhand aus zwei Garagen und einem Container. Der Rest ist Geschichte.
Heute arbeitet ihre Tafel auf 500 Quadratmetern und verteilt jede Woche mehrere Tonnen Lebensmittel. „Jeden Tag kommen mehr Leute“, sagt Drittenpreis. 50 Mitarbeiter versorgen über 900 Bedürftige. Tafeln kriegen nicht alles geschenkt, sie kaufen massiv zu. Zucker, Mehl, Butter – all das ordert Schnäppchenjägerin Drittenpreis da, wo der Angebotspreis stimmt: „Mit Spendengeld geht man verantwortungsbewusst um.“ Es stammt etwa aus Kassen, die in hiesigen Supermärkten neben Pfandautomaten hängen. „Letztens hielt ich einen Bon im Wert von 48,90 Euro in der Hand“, erzählt sie. „So was macht mich stolz, ja alles, was wir als Tafel-Team erreicht haben.“
Stolz ist Drittenpreis auch, als ihr Landtagspräsidentin Ilse Aigner gestern den Bayerischen Verfassungsorden überreicht und ihr für ihr unermüdliches soziales Engagement beim BRK dankt. Der Bayerische Landtag ehrt mit dem Orden Bürger, die sich herausragend für das Gemeinwohl engagieren und damit die Werte der Verfassung mit Leben füllen. „Persönlichkeiten, zu denen wir aufschauen, und die Vorbilder sind“, sagt Aigner. „Sie alle geben Bayern ein Gesicht.“ Eins voller Mut und Herzlichkeit.
Die Auszeichnung wurde 1961 vom damaligen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer als Bayerische Verfassungsmedaille gestiftet. Seit 2021 nennt sie sich Verfassungsorden. Unter den 48 Geehrten heuer befinden sich nicht nur Ehrenamtliche wie Drittenpreis oder Georg Mayer(90) aus Holzkirchen, der beeindruckende 75 Jahre für die dortige BRK-Bereitschaft aktiv ist. Sondern auch viele Prominente wie Schauspieler Heiner Lauterbachsowie Sportler wie Para-OlympiasiegerJosia Topf und Fußballerin Guilia Gwinn.
„Nur“ ein bekanntes Gesicht zu sein, reicht aber nicht. Um den Verfassungsorden macht man sich verdient, indem man für andere eintritt und so zum Vorbild wird. Gwinn etwa macht sich stark für die Organisation „Smile and Help“, die Kinder in Afrika mit Bildungs- und Sportangeboten unterstützt. Zudem ist Deutschlands Fußballerin des Jahres Patin für drei Mädchen aus Tansania.
Auch Verleger Dirk Ippen bekam den Verfassungsorden für seine prägende Rolle in der Medienlandschaft Deutschlands. Zudem ist er auch gesellschaftlich stark engagiert, etwa für den Lebensmut e.V., der sich für die psycho-onkologische Begleitung von Krebspatienten einsetzt.
Der Bayerische Verfassungsorden gehört zu den staatlichen Auszeichnungen, die am seltensten verliehen werden. Eigentlich hätte auch Christiane Goetz-Weimer, die Ehefrau von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, geehrt werden sollen. Sie verzichtete nach dem Wirbel um die Weimer Media Group und den von ihr organisierten Ludwig-Erhard-Gipfel aber auf die Auszeichnung.
Nach der festlichen Verleihung geht für Edda Drittenpreis heute der Alltag weiter. Sie freut sich narrisch auf die stressige Weihnachtszeit. Die Dankbarkeit, die zurückkommt, ist der Lohn für die Ehrenamtlichen. Voriges Jahr bekam sie einen Brief. Darin stand: „Ihr seid unsere Engel.“ CORNELIA SCHRAMM