In Tirol wird fleißig geblitzt – doch von deutschen Temposündern wird das Bußgeld nicht immer bezahlt. © Imago
München/Fronhausen – Ein Blitzer am Brenner sorgte in den vergangenen Monaten für eine Strafzettelflut ohnegleichen: 177 000 Autofahrer rasten in die Radarfalle. Doch viele Deutsche bezahlen nicht – und niemand kann sie dazu zwingen. Der Ort des Geschehens: Die Schönberggalerie an der Brennerautobahn in Tirol. Eineinhalb Jahre lang galt wegen einer Sanierung bis Mitte November auf der Italien-Magistrale Tempo 40 bzw. Tempo 60, weil die Fahrbahnen drastisch verengt waren. Außerdem sorgt im Mieminger Ortsteil Fronhausen laut „Tiroler Tageszeitung“ weiterhin ein Blitzer mit 10 000 Übertretungen pro Monat in der 50-km/h-Zone am westlichen Ortsausgang für eine Bußgeldflut. Hier geben Autofahrer oft Gas, die vom Tiroler Inntal von Innsbruck kommend Richtung Fernpass/Bayern den Berg hochfahren.
Von den Radarfallen auf den Tiroler Transitrouten sind auch Urlauber betroffen. Doch viele bezahlen die Strafzettel nicht, die sie per Post auch in Deutschland zugestellt bekommen. „Besonders bei ausländischen Fahrzeuglenkerinnen und Fahrzeuglenkern gestaltet sich die Verfahrensführung oftmals komplex und zeitintensiv, etwa aufgrund unterschiedlicher Zustellmodalitäten, Sprachbarrieren oder ergänzender Erfordernisse bei der Beweisführung“, berichtet Clemens Rosner, Sprecher des Tiroler Verkehrslandesrates René Zumtobel. Geldbußen unter 70 Euro werden gar nicht eingetrieben, da der Aufwand nicht im Verhältnis stehe. Diese Schwelle wird erst ab einer Tempoüberschreitung ab 25 km/h erreicht.
Dazu kommt eine unterschiedliche Rechtslage, die das Eintreiben österreichischer Bußgelder in Deutschland erschwert. „Es besteht zwar ein bilaterales Abkommen, das die Vollstreckung von Geldbußen im jeweiligen anderen Land regelt, es gilt aber in Deutschland die Fahrerhaftung, während in Österreich die Halterhaftung angewandt wird“, erklärt der verkehrspolitische Sprecher des ADAC Südbayern, Alexander Kreipl. In Deutschland werden aber nur Geldbußen eingetrieben, die auch nach deutschem Recht vollstreckbar wären. Kreipl erklärt, was das bedeutet: Die Österreicher müssen nachweisen, wer gefahren ist.“ Das ist aber oft unmöglich, da dort auch von hinten geblitzt wird und der Fahrer auf den Fotos nicht sichtbar ist. Laut deutschem Grundgesetz muss man sich aber nicht selbst als Fahrer bezichtigen, auch Angehörige nicht. Im Falle des Brennerblitzers fordern viele Deutsche Beweisfotos an.
Einem Bericht des Tiroler Landesrechnungshofes zufolge haben Tirols Behörden im Jahr 2023 insgesamt 420 000 Strafzettel ins Ausland versandt, 200 000 davon nach Deutschland. Zwischen 9 und 15 Prozent der Verfahren wurden eingestellt, bei Mautverstößen war es sogar die Hälfte.JOHANNES WELTE