Die Wieskirche bei Steingaden ist seit 1983 Weltkulturerbe. © Herold
Der Tölzer Knabenchor gehört seit 2024 zum Immateriellen Kulturerbe Bayerns. © Rumpf/pa
Die Floßfahrten auf der Isar zählen seit 2022 zum Weltkulturerbe. © Oliver Bodmer
Ritterschlag fürs Märchenschloss: Neuschwanstein (Foto), Linderhof, Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen sind UNESCO-Weltkulturerbe. © imago
München – Sie wächst und wächst und wächst – die Weltkulturerbe-Liste der UNESCO. Die Organisation will damit das Erbe der Menschheit in seinen verschiedenen Ausdrucksformen schützen und erhalten. Auf der Liste befinden sich neben Kulturbauten und -landschaften auch immaterielle Kulturgüter wie Bräuche und Traditionen.
In Bayern sind im Sommer die Königsschlösser von König Ludwig II. dazugekommen. Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee und das Königshaus am Schachen wurden im Juli von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Die Begründung: Sie sind einzigartige Gesamtkunstwerke ihrer Zeit und architektonische sowie landschaftliche Meisterwerke. Gestern wurden im Kaisersaal der Residenz feierlich die entsprechenden Urkunden überreicht. Die Schlösser und das Königshaus am Schachen seien Stein gewordenen Träume, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Ludwig II. habe seine Visionen unter Einsatz modernster Technik in eine traumhafte Naturkulisse integriert. „Diese Verbindung aus Tradition und Technik macht die bayerische DNA aus. Ludwig II. bleibt wie Bayern ein Mythos. Wir fühlen uns dem kulturellen und traditionellen Erbe verpflichtet und erhalten es.“
Doch sind hier nicht nur Schlösser auf der Liste, auch das Münchner Marionetten-Theater oder die Wieskirche in Steingaden fallen unters Weltkulturerbe. Der Bau der Wieskirche im 18. Jahrhundert brachte das Kloster Steingaden, zu dem sie gehört, in große finanzielle Schwierigkeiten – ähnlich wie die Schlösser König Ludwig II. So stiegen die Kosten des Sakralbaus von den ursprünglich veranschlagten 39 000 auf schließlich 180 000 Gulden. Die opulente Bemalung der Wallfahrtskirche im Rokoko-Stil kann man zum Beispiel am 4. Januar um 16 Uhr bei einem kostenlosen Neujahrskonzert bestaunen.
Was die Musik angeht, hat Bayern zudem gleich vier Knabenchöre, die unter das Weltkulturerbe fallen. Die Rede ist von Knabenchören in Regensburg und Augsburg, die aus mittelalterlichen Domsingschulen hervorgegangen sind, und die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Chöre in Windsbach und Bad Tölz. Die Tradition der Knabenchöre beruht auf deren besonderer Stimmlage. Einen Eindruck davon bekommt man beim Weihnachtskonzert des Tölzer Knabenchors am Freitag, dem 26. Dezember, zwischen 19.30 und 21.30 Uhr im Kurhaus Bad Tölz. Tickets kosten 22 Euro.
Viele verschiedene Arten zu singen werden von der UNESCO als Weltkulturerbe angesehen. So ist zwar das Bayerische Jodeln noch nicht eigenständig zum immateriellen Weltkulturerbe ernannt worden – dafür aber kürzlich das Pendant aus der Schweiz. In Bayern kann man die Technik des Stimmenwechsels in der Natur oder in Gruppen erlernen. Beliebte Orte zum Jodelnlernen sind der Chiemgau, das Allgäu und Franken. Mit dem Jodeltrainer Horst Biewald kann man zum Beispiel am 18. April kommenden Jahres ein Jodelseminar an der Kampenwand für 65 Euro buchen. Der Zwiefache ist seit 2016 Weltkulturerbe. Der Tanz mit den unregelmäßigen Wechseln zwischen Dreivierteltakt (Walzer) und Zweivierteltakt (Dreher) wurde im 18. Jahrhundert populär. Lernen kann man ihn beispielsweise über die Stadt München (089/23 32 11 72) bei Katharina Mayer und ausprobieren beim Kocherlball im Englischen Garten.
Speziell München ist reich an immateriellen Kulturerbe-Gütern. So wurde 2017 beispielsweise auch die Markttradition am Viktualienmarkt auf die bayerische Landesliste aufgenommen. Die Metzgerzeile ist am Viktualienmarkt der älteste Bereich. Die Metzger sind dort schon seit dem 14. Jahrhundert ansässig. Angeblich wurden sie 1315 per Erlass von Ludwig dem Bayern hierher umgesiedelt, um die Hygiene am Marienplatz zu verbessern.
Ebenfalls auf der Welterbe-Liste: die traditionellen Passagier-Floßfahrten auf Isar und Loisach – oder auf dem Lech. Sie führen beispielsweise von Wolfratshausen nach München. Von Mai bis Mitte September kann man sie täglich buchen. Verschiedene Anbieter organisieren die Touren, oft mit Bus-Rücktransport in Thalkirchen. Los geht es meist ab 9 Uhr mit bis zu 55 Leuten auf einem Floß – dazu Blasmusik, Brotzeit, Getränke und allem, was man in Bayern sonst noch gerne macht, egal ob Weltkulturerbe oder nicht. GABRIELE WINTER