Vorbild Italien: Helmpflicht auf der Piste?

von Redaktion

Gut geschützt: Ein Skifahrer mit Helm am Kreuzeck in Garmisch-Partenkirchen. In Italien ist der Kopfschutz jetzt Pflicht. © Nolte/pa

München – Es ist schon eine Weile her, da ist Konstantin Lanzl auf seinen Skiern gestürzt. Er war gerade auf dem Weg zum Lift – und nicht schnell unterwegs – als sich seine Skier verkeilten. Der Experte vom Deutschen Skiverband (DSV) fiel hin, schlug mit dem Kopf unglücklich auf einem Ski auf. „Da war sogar eine Delle drinnen“, erinnert er sich. Mehr ist nicht passiert, aber: „Ich bin einfach froh, dass ich einen Helm getragen habe.“

Ein Helm beim Wintersport kann im Ernstfall Leben retten. In Italien gilt daher seit diesem November eine Helmpflicht. Alle Ski-, Snowboard- und Schlittenfahrer müssen einen tragen. Polizei und Pistenpersonal führen regelmäßige Kontrollen durch. Es droht ein Bußgeld von 150 Euro, wenn man sich nicht daran hält. Auch in Teilen Österreichs sowie in Polen, Slowenien und in der Slowakei müssen Kinder und Jugendliche schon seit einigen Jahren Helme tragen. In Deutschland hingegen gibt es keine Pflicht.

Nicht jeder findet das gut so. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgie fordert seit Jahren wegender Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas eine Helmpflicht. Denn die Schutzwirkung geeigneter Helme bei Unfällen mit Motorradfahrern sei seit langer Zeit wissenschaftlich gut belegt, heißt es auf Anfrage vom Vorstand. Aus ärztlicher Sicht gebe es somit keine guten Argumente gegen eine Helmtragepflicht auch beim Skifahren. „Erst durch tragische Einzelschicksale war damals das Risiko schwerer Kopfverletzungen beim Skifahren ins öffentliche Interesse getreten“, so der Verband.

Schwere Unfälle feuern immer wieder die Diskussion über eine Helmpflicht an. Wie der vom Neujahrstag 2009 des damaligen thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU), bei dem eine Frau ums Leben kam. Der Politiker rammte die 41-jährige Slowakin mit 40 km/h beim Pistenwechsel. Er trug einen Helm, die Frau nicht. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Sie starb auf dem Weg ins Krankenhaus.

Heutzutage tragen circa 90 Prozent der erwachsenen Skifahrer in Bayern und 99 Prozent der Kinder einen Helm, beobachtet Konstantin Lanzl vom DSV. „Eine Pflicht in Deutschland halten wir daher nicht für zwingend notwendig.“ Was Lanzl schildert, deckt sich mit den Beobachtungen der Bayerischen Zugspitzbahn, unter anderem verantwortlich für die Ski-Gebiete Garmisch-Classic und Zugspitze: „Tendenziell beobachten wir in unseren Gebieten, dass die Anzahl an Skifahrern oder Snowboardern, die keinen Helm tragen, recht gering ist“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Wichtiger als eine Pflicht sei Aufklärungsarbeit, findet Lanzl. Eine Pflicht könne man in Deutschland außerdem nicht kontrollieren, sagt der Ski-Experte. Dafür fehle es an Kapazitäten. Vielmehr sollten die Sportler aus Überzeugung einen Helm tragen. Manche seien aber beratungsresistent. Wenn er mit seinem Team jemanden sieht, der ohne Helm auf der Piste unterwegs ist, sagen die Menschen häufig: „Mei, das hab ich schon immer so gemacht“, berichtet Lanzl und fügt hinzu: „Wer hautnah einen Unfall mitkriegt, überlegt es sich dann doch.“

Dabei ist es kein Nachteil, dass die Ausrüstung inzwischen schick und funktional daherkommt. Außerdem bietet ein Helm neben Schutz auch Wärme, und Handschuhe bewahren bei einem Sturz vor Stichwunden. An Eltern appelliert der DSV außerdem, dass Kinder einen Rückenprotektor tragen sollten. Denn häufig ist deren Rücken auf Knie- oder Hüfthöhe von Erwachsenen. „Jeder Puffer ist gut“, betont Lanzl. Und: Wenn ein Helm aus 1 bis 1,50 Metern Höhe runterfällt, sollte er ausgetauscht werden, denn durch den Aufprall lässt die Schutzfunktion nach. Konstantin Lanzl ist jedenfalls froh, dass er damals bei seinem Sturz einen Helm getragen hat – denn das hätte durchaus schlimmer ausgehen können.