Streng verboten: Wäsche waschen war in den Rauhnächten tabu. © Armin Weigel/pa
Mit heimischen Kräutern und Harzen wurde der Stall ausgeräuchert. © Michael Bauer/pa
Die Perchten ziehen zwischen den Jahren durchs Land. © Hanna Wagner/Mauritius
München – Die besonderen Tage und Nächte rund um den Jahreswechsel haben schon seit Jahrhunderten die Fantasie unserer Vorfahren beflügelt. „Es ist eine Zeit, die außerhalb der Zeit steht“, wie es Daniela Sandner vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege formuliert. Manche Historiker vermuten, dass die Rauhnächte ihren Ursprung im Wechsel vom vorkeltischen Mond- auf unser Sonnenjahr haben. Aus der Differenz zwischen dem Mondjahr mit 354 Tagen und dem Sonnenjahr mit 365 Tagen ergab sich eine Zeitspanne, um die sich zahlreiche Mythen und Bräuche ranken.
Das Rätsel um die Schreibweise: Während laut neuer Rechtschreibung das „h“ in den Raunächten fehlen darf, ist die ältere Schreibweise Rauhnacht vor allem im Zusammenhang mit Traditionen und Bräuchen durchaus noch geläufig. Die Rauhnacht kann sich auf das mittelhochdeutsche Wort „rûch“ (haarig, fellbezogen) beziehen. Die armen Seelen, die der Überlieferung nach in den Nächten ihr Unwesen trieben, sollen Umhänge oder Mäntel aus Fell getragen haben. Auch das Räuchern, dem traditionell reinigende Funktion zugesprochen wird, findet sich in der alten Schreibweise wieder.
Mit Harz und Weihrauch gegen die Dämonen: Räucherbündel, Räuchermännchen, Räucherstäbchen – auf jedem Christkindlmarkt findet man Produkte, die den alten Brauch des Räucherns in die Neuzeit transportieren. Unsere Vorfahren räucherten Haus und Stall mit Weißem Salbei, Johanniskraut und Harzen wie etwa Weihrauch aus, um böse Geister und Krankheiten zu vertreiben beziehungsweise fernzuhalten. Und mit dem aufsteigenden Rauch schickte man auch seine Wünsche und Gebete für Segen im neuen Jahr nach oben in Richtung Himmel. Fakt ist: Räuchern wirkt desinfizierend, antibakteriell und keimtötend, indem es ätherische Öle und bioaktive Substanzen freisetzt, die Krankheitserreger in der Luft reduzieren und eine reinigende Wirkung haben.
Wäsche waschen streng verboten: Gerade in ländlich geprägten Regionen wurden die Spukgeschichten rund um die Rauhnächte in Arbeitsverbote umgemünzt. So sollten die Hausfrauen in dieser Zeit keine Wäsche waschen und aufhängen. Dem Aberglauben zufolge könnten sich Geister in Wäsche oder Wäscheleinen verfangen und damit Unglück ins Haus bringen. Im Besonderen galt das Verbot für weiße Laken, die – so der Aberglaube – im kommenden Jahr zum Leichentuch für die Person werden könne, die die Wäsche aufgehängt habe. Es gab aber auch praktische Gründe für das Waschverbot: Im Winter konnte die Wäsche schlechter trocknen und so hätte man sich mit der Feuchtigkeit auch Schimmel und Krankheiten ins Haus geholt.
Ein Blick ins neue Jahr: Was bringt uns die Zukunft? Diese Frage trieb die Menschen seit jeher um. In den Rauhnächten wurden dafür Orakel befragt. Früher war der Glaube verbreitet, dass sich die Tiere im Stall in der Nacht auf den ersten Weihnachtsfeiertag unterhalten und die Zukunft weissagen können. Der Wunsch nach einem Blick aufs eigene Schicksal setzt sich in aktuellen Silvesterbräuchen fort – ob das Lesen aus dem Kaffeesatz, der Verzehr von Glückskeksen mit weisen Sprüchen oder das Legen von Tarot Karten in geselliger Runde. Als gefährlichste aller Rauhnächte gilt übrigens die Silvesternacht. Gemäß dem Aberglauben steht dann das Tor zur Welt der Geister besonders weit offen.
Der wilde Lauf der Perchten: Ob sie nun gut oder böse sind? Das weiß bei den Perchten niemand so ganz genau. Wild sind die maskierten Gestalten in jedem Fall, die um die Jahreswende johlend durch die Straßen ziehen, um den Winter mit Stöcken und Schreien zu vertreiben. In Alpenregionen wie Bayern, Österreich oder Südtirol erfreuen sich die Bräuche seit einigen Jahren wieder größerer Beliebtheit. Vielleicht braucht es doch ein bisschen Magie angesichts der realen Probleme unserer Zeit.SABINE SCHWINDE