Gisela Schinzel-Penth. © Osman
Gisela Schninzel Penth hat vor 30 Jahren schon einmal ein Buch über die Sagen im Landkreis Fürstenfeldbruck veröffentlicht. Vor Kurzem ist es in neuer Auflage erschienen – und 100 Seiten dicker. Denn die 78-Jährige findet immer wieder neue Legenden. Obwohl sie schon seit mehr als 60 Jahren Sagen sammelt.
Eine ihrer Lieblingssagen dreht sich zum Beispiel um die Kapelle Mariä Heimsuchung in Hohenzell. „Dort hängt eines der seltenen Kümmernisbilder aus alter Zeit“, erzählt sie. Eine Darstellung der heiligen Wilgefortis, die einem blinden Bettler zuerst sein Augenlicht zurückgegeben und ihn dann vor der Hinrichtung bewahrt haben soll. „Eine sehr schöne Geschichte“, findet Schinzel-Penth. Aber sie mag es auch gruselig. Zum Beispiel die Überlieferungen, die sich um Sühnekreuze drehen. Diese mussten im Mittelalter errichtet werden, wenn jemand im Streit einen anderen erschlagen hatte. Das Sühnekreuz sollte den grausigen Vorfall dokumentieren – und daran erinnern, dass der Täter verpflichtet war, die Familie des Hinterbliebenen zu ernähren.
„Sagen erzählen die Geschichten der kleinen Leute“, sagt Gisela Schinzel-Penth. Das Leben der Mächtigen ist gut dokumentiert, doch das Volk konnte seine Erfahrungen eben nur mündlich weitergeben – so entstanden zahlreiche Sagen und Legenden. Einige wurden im Laufe der Zeit immer weiter ausgeschmückt, auch mit Übernatürlichem. Und dennoch verraten sie viel über das Leben der Bevölkerung, sagt die 78-Jährige. Sie selbst lernt immer noch dazu. Vor Kurzem hörte sie das erste Mal von einem Hausloch. Das sind kurze unterirdische Gänge, die als Zufluchtsstätte dienten, wenn Feinde ein Dorf überfielen. Bauern brachten ihre Familien, Habseligkeiten und Vorräte im Hausloch in Sicherheit. So sind viele Menschen dem Tod entgangen. Sagen und Legenden stärken den Bezug zur Heimat, sagt Schinzel-Penth. „Wenn man die Geschichten einer Region kennt, identifiziert man sich mehr mit ihr.“ULRIKE OSMAN