Seine Erlebnisse in Zorneding, aber auch seine Haltung zum Glauben und zur Kirche hat Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende (68) in einem Buch niedergeschrieben. Hier lesen Sie Passagen aus „Und wenn Gott schwarz wäre…“.
„Man kennt sich. Und man schätzt sich. Pfarrer Olivier aus dem fernen Afrika ist bei den Gläubigen seiner Gemeinde wohlgelitten. (…) Bis zu diesem Tag, an dem Pfarrer Olivier neben Zeitschriften, Rechnungen und Briefen eine Postkarte aus dem Stapel fischt. Frankiert ist sie mit einer Janosch-Briefmarke, abgestempelt mit einem Hinweis auf das Briefzentrum München, ordnungsgemäß an die Adresse der Katholischen Pfarrei Zorneding gerichtet. Doch dann hört die Ordnung auf. Denn als Absender fungieren angebliche ,Empörte Bürger Bayerns über so ein Schwein‘. Und doppelt unterstrichen folgt in Großbuchstaben das Wort ,NEGGER‘“
„Meine erste Begegnung mit einer Hautfarbe, die anders aussah als meine eigene, war die weiße Haut der Kolonialherren des Kongo. (…) Ich war natürlich als Kind erstaunt, dass es auch solche Menschen gibt – aber es war kein Schock, nur eine Art kindlicher Verwunderung, die mich ergriff. Doch schon bald stellte ich einige Besonderheiten fest, die offensichtlich mit den Unterschieden der Hautfarbe zu tun hatten: Bei den Gottesdiensten saßen nämlich die weißen Herren und Damen in speziellen Flügeln nah beim Altar, während das schwarze Glaubensvolk im Kirchenschiff Platz fand. Hier waren die Hautfarben strikt getrennt. Noch mehr darüber nachzudenken begann ich in meiner Schulzeit. Da wurde nämlich eines Tages eine Schule nur für die europäischen Kinder gebaut. Schwarze Schüler wurden nicht aufgenommen.“
„Mit Entsetzen erfuhr ich, wie die Vatikanbank dunkle Geschäfte abwickelte, die nichts, aber auch gar nichts mehr mit einer Hilfe für Arme, Hungernde und Kranke zu tun hatte. (…) Man darf den jungen Priester aus dem abgelegenen Dorf im Kongo deshalb auch im Nachhinein einen naiven Jüngling nennen. Umso größer (…) muss die Entzauberung der heiligen katholischen Kirche für einen ihrer treuen Diener gewesen sein. Für mich.“