Schwerin/Karlsruhe – Nur Stunden vor dem Anschlag in New York tritt in Karlsruhe die Bundesanwaltschaft vor die Presse. Auch in Deutschland beschäftigen sich die Ermittler an diesem Tag mit islamistischem Terrorismus. Anders als ihre US-Kollegen können sie eine offenbar rechtzeitig durchgeführte Festnahme vermelden.
Spezialkräfte der Polizei haben in Schwerin einen unter Terrorverdacht stehenden Syrer festgenommen und damit nach den Worten von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) einen „schweren Terroranschlag in Deutschland“ verhindert. Laut Bundesanwaltschaft soll der 19-Jährige seit Juli einen Bombenanschlag mit hochexplosivem Sprengstoff geplant und bereits konkret vorbereitet haben. Sein Ziel sei es gewesen, möglichst viele Menschen zu töten und zu verletzen. Wie Behördensprecherin Frauke Köhler sagt, hatte der junge Mann über das Internet Kontakt zu einer Person, die sich selbst als „Soldat des Kalifats“, also als Anhänger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), bezeichnete. Es gebe allerdings keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass weitere Personen an der Anschlagsvorbereitung beteiligt waren.
Spezialkräfte der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommerns hatten den Verdächtigen gegen 6 Uhr morgens in einem Plattenbau im Schweriner Stadtteil Neu Zippendorf festgenommen, in dem auch viele Flüchtlinge untergebracht sind. Graue Häuserfronten vermitteln Anonymität, aus der auch die wenigen Passanten, die an diesem ebenso grauen Feiertagsmorgen dort unterwegs sind, nicht heraustreten wollen.
Eine Rentnerin erzählt, wie sie am frühen Dienstagmorgen aus dem Schlaf gerissen wurde, als die Polizei ins Haus stürmte. Lärm zu nächtlicher Stunde sei sie ja schon gewohnt, seit der junge Syrer in die Wohnung über ihr einzog. „Da haben sich oft junge Leute getroffen und bis in den Morgen laut geredet. Ich bin zu ihm und habe gesagt: Du musst dich an die Regeln halten, wenn du hier leben willst. Er hat es versprochen. Aber es hat nicht funktioniert.“
„Nach allem, was wir wissen, erfolgte der Zugriff zum richtigen Zeitpunkt: spät genug, um Beweise zu sichern, und gleichzeitig früh genug, um die Gefahr zuverlässig zu bannen“, erklärte de Maizière. Alle Beteiligten hätten „hervorragende Arbeit“ geleistet, lobt der Minister die Ermittlungen und das Vorgehen von Verfassungsschutz, Kriminalpolizei, der Sonderpolizeieinheiten von Bund und Ländern sowie der Justiz. An der Festnahme und an den Durchsuchungen in Schwerin und Hamburg waren dem Vernehmen nach etwa 150 Beamte beteiligt.
Landesinnenminister Lorenz Caffier (CDU) teilt mit, der Festgenommene sei im Herbst 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Er habe im Februar 2016 in Mecklenburg-Vorpommern einen Asylantrag gestellt. Seit April 2016 sei er im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis. Bisher sei der Mann nicht auffällig gewesen.
Gestern wird der Festgenommene dann dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshof vorgeführt. Dieser erlässt Haftbefehl und ordnet Untersuchungshaft für den 19-Jährigen an. mm