München – Wer Öl, Gold oder die in Handys verbaute seltene Erde Coltan sucht, kann um Togo einen großen Bogen machen. Der kleine westafrikanische Staat, ein schmaler Streifen im Osten Ghanas, verfügt nur über einen nennenswerten Rohstoff: Phosphat. Davon hat Togo allerdings jede Menge, was Hoffnungen weckt. Schon 1974, als Präsident Gnassingbé Eyadéma die Phosphat-Vorkommen verstaatlichte, sprach er von einer ökonomischen Befreiung des Volkes.
Eyadéma, Langzeitdiktator und Spezl des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, starb 2005. Seither regiert sein Sohn Faure Gnassingbé. Das staatliche Förderunternehmen Société Nouvelle des Phosphates du Togo (SNPT) gibt es noch immer, nur: Statt ökonomischer Befreiung – Ausbeutung.
Wie ein afrikanisches Journalistenkollektiv herausgefunden hat, verkauft SNPT den Großteil seiner Erträge an die indische Unternehmerfamilie Gupta – Freunde Faures – teils deutlich unter Marktwert. Während die Guptas sehr gute Geschäfte machen, profitieren die Menschen im armen Togo nicht. Stattdessen kommt es wegen der schlechten Arbeitsbedingungen in den Minen oft zu Demonstrationen. Immer wieder sterben Arbeiter. Laut SNPT ist für ihre Gesundheitsvorsorge kein Geld da.
Das ist nur eine der Geschichten, die das Journalistenkollektiv in einer neuen Studie zusammengetragen hat. Am Anfang stand die Frage, welchen Anteil manche Führer Afrikas an der Ausbeutung ihrer Länder haben. Sind sie nur willige Opfer großer, multinationaler Konzerne – oder deren Komplizen?
Sieben Länder haben die Investigativ-Reporter unter die Lupe genommen, darunter auch Ruanda, das Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) als zuverlässigen Partner beschreibt. Hier zwackten Eliten Geld aus offiziellen Budgets ab, um Prestige-Hochhäuser für die regierende Partei zu finanzieren. Oder der Fall Südafrika: Die Studie zeigt, wie Präsident Jacob Zuma ein Geldwäscheimperium errichtet hat, das Milliarden von Steuergeldern an Privatbanken in Dubai weiterleitet.
Warum all das? In dem Hollywood-Film „Blood Diamond“, der von der Ausbeutung des Kongos durch einen großen Konzern erzählt, wiederholt der Protagonist (gespielt von Leonardo DiCaprio) im Angesicht von Korruption und Gewalt immer wieder den Satz: „Das ist Afrika“. Heißt: Die Dinge sind hier halt so. Die Studie macht es sich nicht ganz so einfach. Sie benennt die Schuldigen, die Machteliten, die ihren Einfluss über Jahre ausbauen konnten. Die Oligarchen an den Staatsspitzen, heißt es am Schluss, seien von früheren Kolonialherren kaum mehr zu unterscheiden.
Aber die Menschen wehren sich. Togos Opposition hat in jüngster Zeit immer wieder für den Abtritt Faure Gnassingbés protestiert. Bisher erfolglos, unter den Demonstranten gab es Tote. Faure und sein System halten sich. Noch. M. Mäckler