4 Fragen aN

„Wir entdecken auch Betrug“

von Redaktion

Drei Jahrzehnte Bauordnung überblickt Cornelius Mager (59). Als Chef der Lokalbaukommission der Stadt München kennt er sich aus mit den Fallstricken im Baurecht – und jenen, die die Grenzen des Rechts austesten.

Neigt denn der Bayer zum Schwarzbau?

Früher war es praktisch ein bayerischer Volkssport, dass der Maurer die berühmte Ziegelreihe mehr unters Dach packt als genehmigt, damit es besser nutzbar wird. Das hat den sogenannten Kniestock gebildet. Den Ausdruck kennt man auf dem Land noch. In der Stadt geht es aber meist so eng zu, dass eine Ziegelreihe mehr die Mindestabstände verletzt. Und: Es fällt sofort auf, wenn ein Haus nicht 6 Meter, sondern 6,30 Meter hoch ist. Sind die Mindestabstände verletzt, droht Rückbau.

Sind Schwarzbauten eher ein Land- als ein Stadtphänomen?

Ich mag nicht ausschließen, dass es auf dem Land leichter ist, erst einmal unentdeckt schwarz zu bauen, als in der dicht besiedelten Stadt. Aber auch hier baut man abweichend vom Plan. Das können harmlose Änderungen sein, aber wir entdecken auch Betrug, der dann als „Missverständnis“ daherkommt. Die allermeisten halten sich aber an die Genehmigung. Denn Baustopp und Rückbau sind teuer.

Gibt es denn besonders heftige Fälle solcher Abweichungen?

Der letzte große Fall war in Harlaching, durch Abgrabung gab es eine weitere Etage – und der Bauherr musste rückbauen. Ganz krass war auch einmal ein Maßfehler. Da wurden die Seiten des Hauses verwechselt, das heißt, wo das Haus enden sollte, ging es erst los. Es überschritt den Bauraum um mehrere Meter. Es war Glück, dass da nicht Nachbarn oder Bäume betroffen waren. Wir konnten das deshalb ausnahmsweise nachträglich genehmigen.

Warum baut jemand eigentlich schwarz? Aus Bequemlichkeit, Unwissen oder Trotz?

Es kann alles sein. So etwas kann auch aus Versehen passieren. Absicht ist immer ganz schwer nachzuweisen. Sich das Recht zu holen, das man zu haben glaubt, ohne die Behörde vorher zu fragen, das kommt vor. Wenn wir das entdecken, darf man nicht weiterbauen. Das ist mit Zwangsgeldern abgesichert. Wenn wir dann prüfen und es ist genehmigungsfähig, kann es weitergehen. Aber bis dahin herrscht Stillstand – und der geht mehr ins Geld als jedes Bußgeld.

Interview: Sophie Rohrmeier

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