Eckart Witzigmann gilt weltweit als einer der besten lebenden Köche. Er etablierte in den 1970er-Jahren die französische Nouvelle Cuisine in Deutschland. Sein „Aubergine“ wurde 1980 als erstes deutsches Restaurant mit drei Sternen im „Guide Michelin“ ausgezeichnet. Die Auszeichnung behielt das Lokal 15 Jahre bis zur Schließung 1994. Zahlreiche Mitarbeiter Witzigmanns gehören heute selbst zur ersten Garde der Köche.
Was haben Ihnen die Michelin-Sterne bedeutet?
Die Michelin-Sterne haben für jeden Koch, der sein Metier ernst meint, eine nahezu mystische Anziehungskraft. Was für Reinhold Messner die Achttausender waren, waren für mich immer die Michelin-Sterne. Beim Sport sind Kampfrichter oder Stoppuhren der Maßstab. Wir Köche werden durch den Michelin bewertet. Und wenn wir es schaffen, drei davon zu bekommen, dann sind wir am Gipfel, mehr geht nicht. Das war immer mein Ziel.
Haben Sie in der Nacht vor der Bekanntgabe schlecht geschlafen? War die Aufregung groß?
Ich war viel zu müde, um schlecht zu schlafen, aber dann in einer hoffnungsvollen Erwartung. Aber es war auch ein Arbeitstag wie jeder andere auch. Die „Aubergine“ war voll, da haben die Gäste immer erste Priorität und nicht das Wunschdenken des Kochs. Am Ende der Schicht haben wir dann doch die Champagner-Bestände zügig verringert und heftig gefeiert.
Was haben Sie Ihren Schülern geraten?
Da ist guter Rat teuer, denn wer sich auf den Weg zu den Sternen macht, steht vor gigantischen Herausforderungen. Diesem Ziel muss man alles unterordnen, da tritt alles andere weit nach hinten. Es ist ein langer, mühevoller Weg in den Koch-Olymp. Dessen muss sich jeder bewusst sein, der nach den Sternen greift. Ich habe Verständnis für jeden Koch, der sich dieser Herausforderung nicht stellen will und lieber sternlos, aber trotzdem gut seinen Job macht. Ich kann jedem nur die Daumen drücken, der sich der Competition stellt und auf den Weg macht.
Wohin sollte sich die Gastro-Szene Ihrer Meinung nach entwickeln?
Die Küche von heute ist so vielfältig und vielschichtig geworden, dass ich nur immer wieder sagen kann: Der Trend ist, dass es keinen gibt. Alles ist möglich, alles ist erlaubt. Ich fühle mich da nicht als Geschmacksapostel. Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass die Ressourcen unserer Mutter Erde nicht unendlich sind und wir sorgfältiger damit umgehen sollten.
Das Interview führte Stephanie Ebner