5 Fragen aN

von Redaktion

Karl Heinz Möhrmann aus München ist 1. Vorsitzender des Landesverbands Bayern der Angehörigen psychisch Kranker.

Warum ist das Leben mit depressiven Partnern oder Kindern so kompliziert?

Die Angehörigen werden in eine Rolle hineingezwungen, auf die sie nicht vorbereitet sind. Sie müssen Mitverantwortung übernehmen für einen nicht mehr beliebig lebenstüchtigen Menschen, der vielleicht die Briefe nicht mehr öffnet und Rechnungen nicht mehr zahlt. Und es ist für Angehörige und selbst für Profis sehr schwer zu unterscheiden: Hat er null Bock, ist er ein fauler Hund oder ist es ein Krankheitssymptom?

Wie erkennt man, ob es eine Depression ist?

Als Laie eine Diagnose zu stellen, das sollte man tunlichst lassen. Man sollte versuchen, professionelle Hilfe zu suchen. Eine Depression hat in aller Regel nicht nur eine Ursache, sondern ein ganzes Bündel. Oft spielt eine genetische Komponente mit rein, der Betroffene hat zum Beispiel eine gewisse Dünnhäutigkeit mit in die Wiege gelegt bekommen. Wenn noch eine ordentliche Portion Stress dazu kommt, dann kann eine Schwelle überschritten werden, die krank macht.

Können Depressionen in allen Lebensphasen auftreten?

Prinzipiell ist es eine Erkrankung, die jederzeit auftauchen kann. Allerdings bei Frauen ungefähr doppelt so häufig wie bei Männern. Im höheren Alter sind dann Männer gefährdeter. Auslöser sind der Verlust des Berufs oder der Partnerin. Man sieht keinen Lebenssinn mehr. Das kann so eine Krankheit anstoßen.

Was kann man selbst für eine Heilung tun?

Die Krankheit ist an sich gut behandelbar. Doch niemand geht gerne zum Psychiater. „Ich bin doch nicht verrückt“, heißt es dann. Dieser Ausdruck ist Unsinn. Es ist keine Schande, eine Depression zu entwickeln. Jeder von uns war schon mal depressiv – doch in der Regel taucht man aus diesem Sumpf von alleine wieder auf. Auch Trauer ist eine Form von Depression.

Was können Angehörige tun?

Die Regel Nummer eins für Angehörige lautet: „Tu dir selbst jeden Tag was Gutes.“ Es macht auch keinen Sinn, zum Depressiven zu sagen: „Reiß dich zusammen. Morgen ist alles besser.“ Man sollte lieber sagen: „Ich bin für dich da, wenn du mich brauchst.“ Das ist ein Anfang.

Interview: Stefan Sessler

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