50 Jahre Olympiaturm

von Redaktion

1. Der Betriebsleiter: 30 Zentimeter schief

Für ein gutes Foto verschiebt Ulrich Bodammer, 58, schon mal seinen Feierabend. „Bei einer schönen Abendstimmung fahre ich dafür extra hoch“, sagt der Betriebsleiter. Obwohl er seit fast 17 Jahren im Olympiapark arbeitet, fasziniert ihn der Blick von der Besucherplattform auf die Stadt jedes Mal. Ulrich Bodammer hat keinen weiten Heimweg, da ist die Extra-Auffahrt kein Problem. „Ich wohne im Olympiapark, direkt am Fuß des Turmes“, sagt er.

24 Stunden ist der staatlich geprüfte Elektroniktechniker erreichbar, wenn er Bereitschaftsdienst hat. Als einer von drei Betriebsleitern sollte er möglichst schnell vor Ort sein, wenn was sein sollte. „Am besten noch vor der Feuerwehr“, sagt er und grinst. Das kann schon mal vorkommen, fast immer ist es aber ein Fehlalarm. „Meistens kommt es aus der Küche, wenn die mal wieder zu heiß gekocht haben.“ Dann schlägt der sensible Feuermelder an und ruckzuck steht ein Löschzug unten am Turm.

Immer wieder wird Bodammer gefragt, ob der Turm denn bei Sturm schwanke. Man merke nichts, beruhigt er, „nur wenn man sich darauf konzentriert“. Schief werde der Turm sowieso nicht bei schlechtem Wetter, sondern bei Sonnenschein: Wenn nach einer kühlen Sommernacht die Morgensonne den Turm relativ schnell erhitzt und sich der Beton einseitig ausdehnt, wird er bis zu 30 Zentimeter schief, beschreibt Bodammer das Phänomen. „Aber das könnte man nur mit einer Wasserwaage feststellen.“

2. Die Objektleiterin: einsam, aber glücklich

Eigentlich verwaltet Regina Stolba, 53, Leere. Die Objektleiterin der Deutschen Funkturm ist für die vier Etagen des sogenannten Postkorbs unterhalb des Besucherkorbs zuständig – doch dort arbeitet kein Mensch mehr. „Seit etwa 1994 gibt es keine dauerhafte Besetzung im Turm mehr“, sagt die Diplom-Ingenieurin. Wo früher sieben, acht Techniker Monitore überwachten und dafür sorgten, dass Fernsehübertragungen vom Sender zu den Kunden gelangten, surren heute in nahezu leeren Räumen kleine Schaltkästen und signalisieren Displays, für welchen Rundfunksender Programme auf welcher Frequenz übertragen werden.

„Die Technik ist heute viel leistungsfähiger und kompakter“, sagt Regina Stolba. Etwa 16 öffentlich-rechtliche Sender nutzen den Olympiaturm, dazu rund 20 private. Der letzte Mobilfunkanbieter zieht sich demnächst zurück. „Ich bin oft alleine hier oben“, sagt sie, Angst habe sie keine. Dafür muss sie viele Treppen steigen – für sie ein tolles Training: „Ich laufe heuer wieder beim Berlin-Marathon mit.“

3. Der Aufzugführer: Turm als Therapie

Das Geheimnis seiner guten Laune: „Rentner sein und nix machen – das ist tödlich.“ Also zieht Dieter Lanzenberger, 68, den Anzug an, kontrolliert Eintrittskarten, befördert die Gäste nach oben und holt sie wieder runter. Und beantwortet die typischen Fragen: Spüren Sie den Druck in den Ohren? Antwort: „Nein.“ Wie oft fahren Sie rauf? Antwort: „An sehr geschäftigen Tagen bis zu 100 Mal.“ Wackelt der Turm? Antwort: „Spürt man nicht.“

Lanzenberger erinnert sich noch an die Anfänge des Turms: „Ich bin damals immer wieder über die Baustelle gefahren.“ Heute genießt er, dass die Gäste gut gelaunt kommen. „Die wollen rauf und München sehen.“ Nur einmal kam ein Angstpatient mit Therapeut. „Der hat 45 Minuten gebraucht, bis er im Aufzug war.“

4. Die Verkäuferin – Souvenirs für 149 Euro

Um die beliebtesten und günstigsten Souvenirs muss Lilibeth Pfaff, 51, kein Geheimnis machen: Postkarten, Schlüsselanhänger und Magneten verkaufen sich am besten. Der Münchner Turm ziert vermutlich Kühlschränke auf der ganzen Welt. Gut geht auch der Miniatur-Olympiaturm aus Metall für 12,95 Euro. Geheimnisvoller ist dagegen die Suche nach dem teuersten Erinnerungsstück im Shop. „Das ist der Kristall-Bierkrug, der kostet 149 Euro“, sagt sie. Die Kundschaft für dieses üppige Souvenir kommt hauptsächlich aus den USA. Und die verlangen zu Lilibeth Pfaffs Erstaunen immer öfter auch die kleinen Kuckucksuhren, die im Regal stehen – was daran typisch münchnerisch ist, wissen die Käufer vermutlich selbst nicht so genau.

5. Elvis’ Schallplatte im Rockmuseum

Wie viele Instrumente spielt der Initiator des Rockmuseums? Keine einziges. „Ich bin völlig unmusikalisch“, sagt Herbert Hauke, 62. Vielleicht, so mutmaßt er, sei er deswegen ein so großer Bewunderer der Rockmusiker und sammelt alles, was er kriegen kann. Als junger Bursche wurde er von Ike und Tina Turner zur Backstage-Party eingeladen, weil er beim Konzert der Sängerin einen Strauß Rosen auf die Bühne geworfen hatte. Da hat er einen Entschluss gefasst: „Wenn ein Rockstar nach München kommt, muss er Herbert Hauke kennenlernen.“

Er war damit erfolgreich, wie man heute im Museum auf der Besucherplattform des Olympiaturms sehen kann. Scheinbar jedem bekannten Musiker hat er was abgeluchst: die Bühnenhose von Freddy Mercury, eine von ZZ Top bemalte Gitarre, eine goldene Schallplatte von Elvis, das Schwanenhalsmikrofon vom letzten Live-Konzert der Beatles und ein Spiegel-Klavier von Elton John.

Zur Eröffnung des Museums am 1. Dezember 2004 kamen Uriah Heep – „wir sind schon so lange befreundet, wir reden jetzt über unsere Enkel“, erzählt der selbstständige Finanzberater. Das Museum hat er zusammen mit dem Journalisten Arno Frank Eser und ohne öffentliche Förderung eingerichtet, der Eintritt ist trotzdem frei.

6. Der Koch – lange Wege und Traumblick

Das Geheimnis von Jan Malz, 34, liegt in der Planung. Er und seine Kollegen vom Restaurant 181 müssen genau wissen, was die Gäste essen. Denn oben, in 181 Metern Höhe, ist der Platz extrem begrenzt. „Da kann es vorkommen, dass man schnell runter muss, weil die Pommes ausgehen.“ Das heißt: Im Personalaufzug nach unten rumpeln, ins 200 Meter entfernte Lager und wieder zurück. „Passiert selten, aber kann vorkommen“, sagt der stellvertretende Küchenchef. Die Enge sei schon eine besondere Herausforderung. Zudem müsse man mit offenem Feuer sehr vorsichtig sein. „Der Brandschutz ist sehr strikt.“ Aber „die Höhe hat mich schon auch gereizt“, sagt Jan Malz.

Und als Ur-Münchner kenne er den Turm ja sowieso in- und auswendig. Für eine kurze Pause und ein paar Atemzüge frische Luft geht er zwischendurch mal raus. „Wir haben den schönsten Platz: Wir sehen das Oktoberfest, Tollwood und die Konzerte im Park.“ Texte: Volker Pfau

Das Jubiläumsprogramm

Es wird Münchens höchste Geburtstagsfeier – heute ist von 19 bis 2 Uhr die „Tower Clubbing 181“-Party. Am 25. Februar geht die Jubiläumsfeier weiter mit Kinderschminken, Backstage-Touren und einem Jubiläums-Menü im Restaurant 181. Zur Feier des Tages kostet die Auffahrt am 25. Februar nur einen Euro pro Person.

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