In seinem Reich

von Redaktion

Im Florian-Stadl des Klosters Andechs feierte Josef Bierbichlers „Zwei Herren im Anzug“ gestern umjubelte Premiere

Von Katja Kraft

Eigentlich kommt Günter Rohrbach schon seit Jahren nicht mehr zu Kinopremieren. Doch an diesem verschneiten Sonntagmittag macht er eine Ausnahme. „Zwei Herren im Anzug“, Josef Bierbichlers Debüt als Kinoregisseur, im Kloster Andechs? „Da musste ich unbedingt hin“, erzählt der 89-jährige Filmproduzent. „Ich bin ein begeisterter Liebhaber der bairischen Sprache, die so eine große Kraft hat. Toll, dass man sich dafür entschieden hat, die Premiere an diesem Ort zu feiern – irgendwo nach München wäre ich nicht gekommen.“

Na klar: Ein ungewöhnlicher Film braucht einen ungewöhnlichen Präsentationsrahmen. „Das ist wie eine Kathedrale hier“, schwärmt Produzent Stefan Arndt über den Florian-Stadl, der trotz des Winter-Wiedereinbruchs komplett gefüllt ist. Eigentlich hatte sich das Team an diesem Märztag bei der Premierenfeier im Kloster-Biergarten den ersten Sonnenbrand des Jahres holen wollen. Aber so ist’s eben beim Bierbichler Sepp: Man weiß nie so recht, was einen erwartet.

Eine Herausforderung für Schauspieler, unter einem so eigenwilligen Regisseur zu arbeiten? „Nein, ein Geschenk“, schwärmt Martina Gedeck, die in „Zwei Herren im Anzug“ die Frau von Bauer Pankraz (Bierbichler) und die Mutter von Semi (Simon Donatz) spielt. „Der Film ist sehr überraschend, weil Josef ganz eigene Wege geht. Und sich überhaupt nicht an Konventionelles hält. Er ist kompromisslos in der Umsetzung dessen, was er erzählen will.“ Gedeck selbst hat es genossen, in diese bayerische Welt mit der kraftvollen Sprache einzutauchen. Und obwohl in Bayern verortet, gelinge es Bierbichler wie in seiner Romanvorlage „Mittelreich“, universelle Themen so aufzuarbeiten, dass sie jeden, nicht nur Bayern erreichen. „Es ist eine Geschichte über Familie und über das, was unter den Tisch gekehrt wird und dann doch wieder ans Tageslicht kommt. Das ist eine ganz große deutsche Familiengeschichte.“

Und eine familiäre Produktion. Bekanntlich sind Bierbichler und Donatz auch im echten Leben Vater und Sohn. Der Alte ist nicht in Gesprächslaune. Dieses ganze Premierengedöns möchte er am liebsten schnell hinter sich haben. Freut sich aber dann doch sichtlich über die begeisterten Reaktionen des Publikums. Und Donatz? Wie war sie denn, die Zusammenarbeit mit dem Papa? „Unkompliziert“, sagt er. „Wir haben unsere familiäre Beziehung während des Drehs komplett ausgeblendet.“ Mit dem Resultat ist er zufrieden. „Weil es mal ein anderer Heimatfilm ist und nicht der Standard.“ Was das bedeutet, kann jeder ab Donnerstag herausfinden – dann wieder im schnöden Kino. Aber auch dort: höchst sehenswert.

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