Wir haben alle deutschen Künstler, die heuer mit einem Echo ausgezeichnet wurden, um eine Stellungnahme gebeten. Die meisten halten sich bedeckt:
Mark Forster (Echo in der Kategorie „Künstler Pop national“) wollte sich bis Redaktionsschluss nicht zur Debatte äußern. Auf seiner Facebookseite wird der Musiker von einigen Fans dafür kritisiert: „Mir wäre lieber, Du hättest Campino unterstützt. Mark Forster – was für ein Weichei!“, schreibt Volker Gumpert-Rosin.
Alice Merton (Echo in der Kategorie „Künstlerin Pop national“) blieb bis Redaktionsschluss ebenfalls still. Auf der Facebookseite der Sängerin schreibt Mic Penquitt: „Ich spreche meinen Glückwunsch aus, möchte aber anmerken, dass ich es traurig finde, dass, wenn man nach einer Stellungnahme bezüglich des Aufruhrs um Farid Bang gefragt wird, nach kurzem Überlegen kommt: ,Da habe ich keine Meinung zu.‘“
Milky Chance (Echo in der Kategorie „Band Pop national“) gaben bis Redaktionsschluss kein Statement ab.
Helene Fischer (Echo in der Kategorie „Schlager“) kommentierte bis Redaktionsschluss die Debatte nicht. Carsten Schouler schreibt auf der Facebookseite der Sängerin: „Und immer weiterlächeln, wenn menschenverachtende und antisemitische ,Künstler‘ ausgezeichnet werden? Warum hat eine Helene Fischer ihren Bekanntheitsgrad nicht genutzt, um dagegen zu protestieren?“
Santiano (Echo in der Kategorie „Volkstümliche Musik“) reagierten auf unsere Anfrage bis Redaktionsschluss nicht. Lothar Arndt gratuliert der Band auf deren Facebookseite, moniert aber zugleich: „Es fehlten die Worte zu den anderen Preisträgern.“
Robin Schulz (Echo in der Kategorie „Dance national“) äußerte sich bis Redaktionsschluss nicht.
Wincent Weiss (Echo als „Newcomer national“) hielt sich bis Redaktionsschluss bedeckt. Auf der Facebookseite des Musikers empfiehlt Adrian Jonas: „Nimm Dir ein Beispiel an Marcel Reich-Ranicki und gib diesen Preis lieber wieder ab.“
Beatsteaks und Deichkind (Echo in der Kategorie „Bestes Video national“) gaben bislang keinen Kommentar zur Debatte ab.
Haiyti (Echo in der Kategorie „Kritikerpreis national“) äußerte sich bis Redaktionsschluss ebenfalls nicht.
Marius Müller-Westernhagen gibt alle acht Echos zurück, die er zwischen 1992 und 2017 erhalten hat: „Künstler haben eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Sich hinter künstlerischer Freiheit zu verstecken oder kalkulierte Geschmacklosigkeiten als Stilmittel zu verteidigen, ist lächerlich. Provokation um der Provokation willen ist substanzlos und dumm. Und eine Industrie, die ohne moralische und ethische Bedenken Menschen mit rassistischen, sexistischen und gewaltverherrlichenden Positionen nicht nur toleriert, sondern unter Vertrag nimmt und auch noch auszeichnet, ist skrupellos und korrupt.“
Enoch zu Guttenberg gibt den Echo-Klassik, den er 2008 mit dem Orchester Klangverwaltung bekommen hat, zurück: „Nachdem solch ein Preis nun auch Verfassern von widerwärtigen antisemitischen Schmähtexten verliehen und noch dazu vom ,Ethikrat‘ Ihres Verbands bedenkenlos freigegeben wurde, würden wir es als Schande empfinden, weiterhin diesen Preis in unseren Händen zu halten“, schreibt er an den Bundesverband Musikindustrie.
Im vergangenen Jahr wurde das Notos Quartett mit dem Echo-Klassik ausgezeichnet. Die Musiker gaben die Auszeichnung zurück: „Die Tatsache, dass dieser Preis offenen Rassismus toleriert, ihm gar eine Plattform bietet und ihn auszeichnet, ist für uns nicht tragbar. Über die Entscheidung der Verantwortlichen, antisemitisches und menschenverachtendes Gedankengut sowie die Verhöhnung von Opfern des Holocaust zu würdigen, sind wir zutiefst erschüttert.
Igor Levit, Pianist und Echo-Klassik-Preisträger von 2014, schickte seine Trophäe ebenfalls zurück: „Wir als Künstler müssen die Freiheit der Kunst immer und überall leben und verteidigen. Uns kommt damit aber auch die grundlegende Verantwortung zu, zu erkennen, wo diese Freiheit missbraucht wird. Antisemitischen Parolen eine solche Plattform und Auszeichnung zu geben ist unerträglich.“
Martin Wagner, BR-Hörfunkdirektor, erklärt, dass Kollegah und Farid Bang „ohnehin nicht“ in den BR-Hörfunk passen. „Bei der Musikauswahl achten wir grundsätzlich sehr auf Themen und Inhalte – sind Songs etwa antisemitisch, rassistisch, diskriminierend oder allgemein gegen die Würde des Menschen? Ein Song wie ,0815‘ wird deshalb im BR nicht gespielt.“ leic/rog