Die Meinungen der Nutzer im Internet sind extremer geworden. Hinzu kommt, dass sich manche Nutzer nur noch über Seiten informieren, die falsche Nachrichten verbreiten. Der Kommunikationswissenschaftler Wolfgang Schweiger von der Uni Hohenheim erklärt das Phänomen.
Bei Themen wie der Flüchtlingskrise bilden sich in sozialen Netzwerken oft richtige Fronten. Woran liegt das?
Viele Menschen informieren sich nur noch über die sozialen Netzwerke. Dort bekommen sie zusammenhanglose Einzelbeiträge angezeigt. Ich nenne das algorithmisch-personalisierte Nachrichtenkanäle: Die Nutzer sehen nur Beiträge, die der Algorithmus für die Person aussucht und vorfiltert. Ansichten anderer Menschen dringen kaum mehr zu den Nutzern vor. Ihre Ansichten können extremer werden, weil sie sich gegenseitig bestärken und damit verstärken.
Kann das alleine die Stimmung im Internet erklären?
Unsere Gesellschaft war noch nie einheitlich. Wir hatten früher aber Massenmedien, bei denen sich fast alle informierten – alle sahen Nachrichten im Fernsehen. Durch das Internet ändert sich die Situation. Jede Gruppe hat heute ein eigenes maßgeschneidertes Nachrichtenangebot, das mehr oder weniger nach journalistischen Maßstäben arbeitet. Viele dieser Angebote sind ,alternative Medien‘, deren Autoren es mit den Fakten nicht so eng sehen. Diese Angebote verstärken die gesellschaftliche Spaltung weiter.
Gibt es eine Art parallele Welt, in der sich manche Menschen ausschließlich informieren?
Ja, man kann durchaus von einer Nachrichten-Parallelwelt sprechen, in die Nutzer alternativer Medien und Fans extremer politischer Akteure geraten. Das konnte ich bereits bei meinen Beobachtungen auf der Facebook-Seite von Pegida vor zwei Jahren sehen. Die Leute haben sich mit ihrem isolierten Nachrichtenbild und ihrem Frust gegenseitig aufgestachelt.
Was kann dagegen getan werden?
Menschen sollten sich weniger über algorithmisch-personalisierte Kanäle und wieder stärker über die klassischen Medien informieren, damit sie das ganze Nachrichtengeschehen mit allen Facetten im Blick haben. Am besten sind Medien, die ihre Qualität seit Jahren beweisen. Alle anderen muss man mit Vorsicht genießen.
Interview: Maren Breitling