Durchfallquote Gestiegen

Stolperstein Führerschein

von Redaktion

Von Magdalena Kratzer und Kathrin Brack

Garmisch-Partenkirchen/Miesbach – Alexander Wiesenbauer bläut es seinen Schülern immer wieder ein. „Nehmt’s euch die Zeit, bereitet’s euch gut vor.“ Ein Hexenwerk ist die theoretische Führerscheinprüfung nicht – vorausgesetzt, man hat gelernt. Doch Wiesenbauer, Inhaber einer Fahrschule im Kreis Miesbach, macht eine andere Beobachtung: Viele nehmen die Prüfung auf die leichte Schulter – und scheitern.

Die Zahl derer, die durch die Führerschein-Prüfung fallen, ist bundesweit im vergangenen Jahr gestiegen: Mittlerweile versagt mehr als ein Drittel aller Anwärter in der theoretischen Prüfung, das sind fast sieben Prozent mehr als 2016. Auch in der Praxis hapert’s: Knapp ein Drittel der Prüflinge rasselt durch den praktischen Teil – drei Prozent mehr als im Vorjahr.

Das Kraftfahrtbundesamt hat für 2017 die Zahlen für alle Bundesländer zusammengetragen. Spitzenreiter bei den nicht-bestandenen theoretischen Prüfungen sind demnach die Fahrschüler in Sachsen-Anhalt. Dort bestanden fast 45 Prozent der Teilnehmer den schriftlichen Test nicht. Bei der praktischen Prüfung waren die Hamburger schwach – fast 42 Prozent der Fahrschüler fielen 2017 durch.

Diese Zahlen sind keine Ausreißer, vielmehr sucht man in der Tabelle des Kraftfahrtbundesamts vergebens nach wirklich erfolgreichen Bundesländern. Am besten schneidet noch Hessen ab, doch auch hier bestehen 31 Prozent die Theorie nicht, und immerhin 23 Prozent scheitern in der Praxis. Bayern liegt auf Rang fünf mit 35,9 (Theorie) und 25,4 Prozent (Praxis).

Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, Gerhard von Bressensdorf, führt die Durchfallquoten in erster Linie auf den gestiegenen Anteil nicht deutschsprachiger Bewerber zurück. Ihnen falle die Theorie schwer, sagt er. Zudem seien viele mit einer anderen Verkehrskultur aufgewachsen und brauchten oft drei bis fünf Anläufe, um zu bestehen.

Michael Demmel, der eine Fahrschule im Kreis Garmisch-Partenkirchen hat, kann nicht sagen, dass bei ihm mehr Fahrschüler durchfallen. Es komme auch auf die Lehrmaterialien an, mit denen sie sich vorbereiten. Im digitalen Zeitalter wälzen Fahrschüler keine Bücher mehr, sondern üben mit einer App. Demmel sagt: „Es gibt bestimmte Anbieter, die einen auf die Prüfung gut vorbereiten.“ Jede Fahrschule handhabe das aber individuell. „Manche Schüler laden sich kostenlose Apps runter, die eventuell nicht aktuell sind, da wird am falschen Ende gespart.“ Auch der fehlende Ehrgeiz mancher Schüler sei Schuld daran, dass sie durch die Prüfung fallen.

Paul Potkowa ist seit 35 Jahren Fahrlehrer und arbeitet bei Alexander Wiesenbauer in Miesbach. Er könne auch nicht beobachten, dass mehr Schüler durchfallen, sagt er. „Zumindest nicht bei uns im Landkreis.“ Er bemängelt aber, dass durch das Online-System weniger kontrolliert werden könne, wie fit die Schüler sind. „Früher wurden Vortests für die Theorieprüfung in der Fahrschule gemacht“, sagt Potkowa. Heute machen die Schüler die zuhause. „Wir können nicht kontrollieren, ob die Ergebnisse Eigenleistungen sind.“

Wenn es bei der Theorieprüfung nicht klappt, kann der Anwärter sie grundsätzlich beliebig oft wiederholen. Das gilt auch für die praktische Prüfung. Wenn sich aber von Mal zu Mal beispielsweise die Fehlerpunktzahl erhöht oder keine Besserung eintritt, kann der Prüfer einen Vermerk an die Zulassungsstelle weiterleiten, dass er keinen Fortschritt sieht. „Dann entscheidet die Behörde, wie es weitergeht“, sagt Verbandschef Gerhard von Bressensdorf. Die könne unter Umständen eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) anordnen, um die Gründe für das Dauerversagen zu ermitteln.

Bevor Fahrschüler eine Prüfung wiederholen dürfen, müssen sie übrigens eine kurze Zwangspause einlegen. Die Verordnung sieht dafür nicht weniger als zwei Wochen, bei einem Täuschungsversuch mindestens sechs Wochen vor. Außerdem muss die praktische Prüfung innerhalb von zwölf Monaten nach Bestehen der Theorie abgelegt werden. Sonst verliert die Prüfung ihre Gültigkeit.

Es ist laut Alexander Wiesenbauer nicht nur so, dass viele die Prüfung auf die leichte Schulter nehmen. Er hat noch eine andere Beobachtung gemacht, die sich mit den Erkenntnissen des Fahrlehrerverbandes deckt, der beklagt, dass junge Leute im Zeitalter des Handys nicht mehr mobil sein müssen: „Der Führerschein ist für Jugendliche nicht mehr so wichtig wie früher.“

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