Exotische mücken in bayern

von Redaktion

Von Laurenz Gehrke

München – Rund um Bayerns Seen ist es besonders schlimm: Sommerzeit ist Mückenzeit. Die Insekten stechen gern in der Dämmerung und nachts zu und hinterlassen juckende Stiche, die einen oft tagelang quälen. Sie nerven. Gefährlich sind sie in der Regel aber nicht.

Anders ist das bei tropischen Mücken, die immer öfter auch in den gemäßigten Klimazonen Süddeutschlands gesichtet werden. Mit diesen Mücken ist nicht zu spaßen, da sie Krankheiten übertragen können, die in unseren Breiten bisher nicht vorkamen. Professor Hans-Dieter Nothdurft vom Tropeninstitut in München erklärt, wie sich die Mücken verbreiten, wo sich Gefahren verbergen und ob hierzulande Grund zur Panik besteht.

Wie gelangen die Mücken nach Deutschland?

Die Mücken kommen vor allem in Autos oder Lastwägen zu uns, erklärt der Experte. Da sie südlich der Alpen bereits etabliert sind, gelangen sie dank des regen Handels und der vielen Touristen ganz einfach über die Autobahnen nach Deutschland. An Raststätten können die blinden Passagiere die Fahrzeuge verlassen und sich in der Umgebung niederlassen. Zum Beispiel in Mülltonnen oder herumliegenden Autoreifen. Denn Mücken brauchen stehendes Wasser, wie es sich in Verpackungen oder eben Autoreifen sammelt.

Forscher haben den Zusammenhang zwischen Verkehrsrouten und Mückenverbreitung schon erkannt. So stellt etwa das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin seit 2012 an „Einfallspforten“ wie Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahnen Fallen auf, um die Insekten zu untersuchen und ihrer weiteren Verbreitung entgegenzuwirken.

Welche exotischen Mücken gibt es schon in Deutschland?

Am häufigsten ist im Zusammenhang exotischer Mücken in Europa von der Asiatischen Tigermücke die Rede, einer eigentlich in tropischen und subtropischen Gefilden beheimateten Mückenart. Sie kann sich an kühlere Temperaturen anpassen und ist in Deutschland erstmals 2007 nachgewiesen worden. Vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Bayern ist sie schon gesichtet worden.

Ebenso die Japanische Buschmücke, die sich 2008 zum ersten Mal in Deutschland blicken ließ. Wie ihr Name schon sagt, fühlt sie sich in Japan wohl, kommt aber auch in Korea vor. Inzwischen hat sie sich bis nach Bayern verirrt.

Welche Krankheiten können die Mücken übertragen?

Von den verschiedenen Mücken können unterschiedliche Krankheiten übertragen werden, wie der Mediziner erklärt. Die Asiatische Tigermücke hat sich inzwischen im Breisgau etabliert. Südlich der Alpen gibt es sie schon länger, etwa im Mittelmeerraum von Südfrankreich über Italien bis nach Kroatien – alles beliebte Reiseziele.

Dort gab es in den vergangenen Jahren schon Fälle von Denguefieber und Chikungunyafieber. Zur Übertragung dieser Tropenkrankheiten ist es aber nötig, dass sich eine bei uns lebende Tropen-Mücke an einem bereits erkrankten Menschen infiziert, der das Virus aus den Tropen mitgebracht hat. Dass ein infizierter Mensch und eine eingewanderte Mücke sich hierzulande begegnen, ist eher unwahrscheinlich, weil die Zahlen der Mücken und der Infizierten noch gleichermaßen gering ausfallen.

Bei Malaria ist die Gefahr laut Tropeninstitut noch geringer, obwohl es auch Malariamücken bei uns gibt. Tatsächlich kam das Fieber in Deutschland bis ins 19. Jahrhundert hinein vor allem an Mooren und in Sumpfgebieten vor. Daher die heute nur noch selten gebrauchte Bezeichnung „Sumpffieber“.

Flussbegradigungen und Trockenlegungen konnten solche Ausbrüche im Laufe der Zeit verhindern. Dennoch flammte die Malaria auch nach den beiden Weltkriegen des 20. Jahrhunderts in Deutschland wieder auf, weil viele Menschen unter unzureichenden Hygiene-Bedingungen leben mussten.

Noch immer ist die Malariamücke in Deutschland zu finden: zum Beispiel am Starnberger See, wie Forscher bestätigen. Bei diesen offiziell unter dem Namen Anopheles-Mücken bekannten Plagegeistern ist der Entwicklungszyklus aber sehr kompliziert, und es müsste mehrere Monate lang Tag und Nacht sehr warm sein, damit Malariagefahr entsteht. Eine Rückkehr der Malaria nach Deutschland ist vorerst also ebenfalls unwahrscheinlich.

Dass virale Erkrankungen aus den Tropen wie das Denguefieber und Chikungunyafieber in unseren Breiten häufiger vorkommen, ist dagegen nur eine Frage der Zeit, sagt der Experte. Die Etablierung der tropischen Mücken, die die entsprechenden Viren verbreiten, kann dabei sowohl mit der Erwärmung des Klimas als auch mit der Adaptationsfähigkeit der Insekten zusammenhängen.

Kann auch das Zika-Virus übertragen werden?

Tatsächlich beschränkt sich das Spektrum der durch tropische Mücken übertragbaren Krankheiten nicht auf Denguefieber und Chikungunyafieber. Auch das Ross-River-Fieber wird von Mücken übertragen. Und natürlich das Zika-Virus, das vor allem in den Jahren 2015 und 2016 weltweit für Aufsehen sorgte, als in Lateinamerika eine Epidemie ausgebrochen war. Große Sorge machte unter anderem die mögliche weiträumige Verbreitung des Erregers durch das erhöhte Reiseaufkommen zu den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro. Hervorgehoben wurde vor allem die Gefahr für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder.

Können auch ein- heimische Mücken infiziert werden?

Man könnte meinen, dass die eingeschleppten Mücken ihre einheimischen Artgenossen wie zum Beispiel die lästigen aber ganz harmlosen Stech- oder Kriebelmücken mit ihren Viren infizieren, wenn sie dieselben Menschen stechen. Aber so einfach ist das nicht.

Damit ein Virus sich in einer Mücke vermehren kann, müssen Mücke und Virus aneinander gewöhnt sein. Man spricht dabei von einem Adaptationsprozess. Das ist bei unseren einheimischen Mücken derzeit aber nicht der Fall.

Besteht in Bayern die Gefahr einer Epidemie?

Tatsächlich gab es in Bayern bisher noch gar keine bekannten Fälle von Tropenfieber. Solche Ausbrüche sind bisher auf die Regionen südlich der Alpen beschränkt. Im Jahr 2007 gab es im norditalienischen Ravenna einen größeren Ausbruch. Damals wurden insgesamt 197 Fälle des Chikungunyafiebers gemeldet. Man geht davon aus, dass die Epidemie ihren Anfang bei einem aus den Tropen zurückgekehrten Touristen genommen hat.

Deutschland ist allerdings gut mit den hier heimischen Arten beschäftigt: Dass es aktuell viele Mücken gibt, zeigt sich auch an der Zahl der Einsendungen für den Mückenatlas. „Wir haben in diesem Jahr bereits gut 1000 Einsendungen mit rund 3500 Tieren erhalten“, sagt Doreen Walther, Mückenexpertin im Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung. Das seit 2012 im Aufbau befindliche Portal liefert Hinweise auf die Verbreitung der heimischen Stechmückenarten und auf eventuell in Deutschland „zuwandernde“ exotische Arten.

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