München – Das kleine Tierwunder beginnt mit einer großen Enttäuschung. Es ist Sommer 2010, als der Kater der Familie Hertel aus Unterschleißheim verschwindet. Wochenlang suchen sie nach Lucky, dem Kartäuser-Kater mit dem grauen Fell. Irgendwann geben sie entmutigt auf. Doch Lucky macht seinem Namen alle Ehre, denn er hat Glück: Fast genau acht Jahre später, im Mai 2018, steht Sabine Hertel in dem Münchner Tierheim, in dem Lucky abgegeben wurde. Die Wiedersehensfreude ist groß. Nur ein Beispiel für große Katzenliebe. Aber woher kommt sie eigentlich, die Liebe zur Katze? Warum ist das Internet voll von „cat content“ – Fotos und Videos von Samtpfoten? Sieben Antworten zum heutigen Weltkatzentag:
1. Treuer Freund
Die Katze ist mit Abstand das beliebteste Haustier in Deutschland. Rund 13,4 Millionen Hauskatzen lebten nach einer Erhebung des Marktforschungsinstituts Skopos 2017 in der Bundesrepublik. Damit ist im Durchschnitt in rund jedem fünften Haushalt (22 Prozent) auch ein Stubentiger zu Hause. Nach 16 Jahren summieren sich die Kosten für eine Mieze bei guter Pflege nach Berechnungen des Tierschutzbundes auf mindestens 11 000 Euro.
2. Mamas Liebling
Heute schon mit der Katze rumgeschmust? Die Katze braucht das nicht. Es ist der Mensch, der Sofalöwen schwer widerstehen kann. Für Sachbuchautorin Abigail Tucker ist die Erklärung einfach. Hauskatzen wiegen mit vier Kilo so viel wie ein Baby. Dazu kommen große Kulleraugen, Stupsnase und Pausbacken. Das ergibt ein Katzenleben lang das perfekte Kindchenschema. Bei vielen Menschen – vor allem Frauen – löst das Studien zufolge einen Schub des Fürsorge-Hormons Oxytocin aus. Was Katzen bei Erwachsenen bewirken können, nennen Forscher wenig schmeichelhaft „fehlgeleitete Elterninstinkte“. Von Natur aus gelten Hauskatzen eher als opportunistisch und kryptisch.
3. Historisch
Katzen lieb zu gewinnen ist aus Sicht der Evolutionsgeschichte schizophren. Denn Primaten als Vorfahren der Menschen waren Millionen von Jahren lang Futter für Tiger und Co. Logischer wäre ein respektvoller Abstand zu Hauskatzen, die von der Wildkatzenunterart Felis silvestris lybica abstammen – und ihre Reißzähne nicht verloren haben.
4. Anpassungsfähig
Katzen sind die einzigen Haustiere, die sich selbst domestiziert haben. Hatten Großkatzen eine Abneigung gegen die frühe menschliche Zivilisation, schlichen sich die Miniatur-Ausgaben einfach ein. Im Alten Ägypten wurden sie im ersten Katzenhype der Weltgeschichte sogar zu Gottheiten. Dabei nutzt die Hauskatze dem Menschen bis heute objektiv wenig: Sie beschützt ihn nicht, gibt weder Fleisch, Milch noch Eier. Und sie maust nur, wenn sie Lust hat. Dafür leisten Katzen viel Anpassung. Obwohl sie untereinander fast nur über Geruchsstoffe kommunizieren, schnurren und maunzen sie in menschlicher Nähe – vermutlich für eine bessere Akzeptanz. Forscher haben herausgefunden, dass „Menschenliebe“ bei Katzen über Gene erblich ist. Sind Kater und Kätzin Menschenfreunde, ist es ihr Nachwuchs auch.
5. Therapeutisch
„Katzen lassen sich nicht zu Assistenten für Behinderte ausbilden wie ein Blindenhund“, sagt Astrid Behr, Sprecherin des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte. Dennoch kann die Katze einen therapeutischen Zweck erfüllen. Zum Beispiel halten Alten- und Pflegeheime heute Katzen zu sozialen Zwecken. „Dahinter steht die Beobachtung, dass es alten Menschen oft besser geht, wenn sie sich um ein Tier kümmern können.“ Und manche Katzen danken diese Zuneigung mit einem Sprung auf dem Schoß und lautem Schnurren.
6. Freiheitsliebend
Katzen sind Tiere mit natürlichem Jagdinstinkt, der sich nicht wegzüchten lässt. „Artgerechter ist es deshalb, wenn sie nach draußen können“, sagt Tierärztin Astrid Behr. Das sei aber allein schon mit Blick auf den Straßenverkehr riskant – und schlichtweg nicht möglich, wenn ein Halter im vierten Stock wohne. Doch auch eine Wohnungskatze fühle sich nur wohl, wenn sie jagen könne. Also muss der Mensch Spiele bieten. „Das erfordert dieselbe Zeit wie das Gassi-Gehen mit einem Hund“, ergänzt Behr. Zwei Katzen gegen Langeweile bei den Tieren zu halten, sei möglich, aber nicht ganz einfach. „Katzen sind in puncto freundschaftliche Beziehungen sehr wählerisch.“ Das Duo müsse zusammenpassen, zum Beispiel aus einem Wurf stammen. Alt und Jung vertrügen sich dagegen selten. Katzen, die sich nicht mögen, können sich schnell in Dauerkämpfe verstricken.
7. Mörderisch
Dass freilaufende Katzen Beute machen, gehört zu ihrer Natur. Mäuse zu jagen gilt meist als in Ordnung, bei Vögeln hört für manche Menschen die Freundschaft auf. „Dabei erwischen Katzen ohnehin nur kranke Vögel“, sagt Tierärztin Astrid Behr. „Oder Jungvögel, weil die Eltern das Nest unprofessionell in geringer Höhe gebaut haben.“ Unbestritten ist unter Forschern aber auch, dass Katzen für 14 Prozent des Artensterbens auf Inseln verantwortlich sind. Wobei das nicht nur ihnen anzulasten ist. Es war der Mensch, der Schiffskatzen bis auf die entlegensten Eilande mitnahm, in denen die Natur nicht auf diesen Feind eingestellt war. Halsbänder mit Glöckchen für Katzen sind bis heute umstritten. An unflexiblen Modellen können sie sich erhängen. Und für das extrem feine Katzengehör gilt Dauergeklingel als schädlich.