Motor des Lebens
Im Schnitt schlägt das Herz viele Jahrzehnte lang, und das 60- bis 80-mal pro Minute, bei Anstrengung sogar deutlich öfter. Der faustgroße Hohlmuskel, der wie eine Doppelpumpe arbeitet, versorgt unseren Körper mit Blut – und so auch mit Sauerstoff und Nährstoffen. Eine Pause beim Pumpen kann lebensgefährlich sein: Nach zehn Sekunden wird man bewusstlos, nach fünf bis sechs Minuten kommt es zu bleibenden Hirnschäden.
Killer für die „Pumpe“
Unser Herz ist zwar extrem leistungsfähig, aber auch anfällig: Zu hoher Blutdruck, zu hohe Zuckerwerte oder Störungen des Fettstoffwechsels bringen es schnell in Bedrängnis – genauso wie Tabakrauch, starkes Übergewicht und zu wenig Bewegung. Wer Zigaretten aus seinem Leben verbannt, aufs Gewicht achtet (siehe BMI im Test) und sich ausreichend bewegt – etwa 30 Minuten pro Tag, mindestens fünfmal in der Woche –, hat schon viel fürs Herz getan.
Ein Beispiel: Männer, die mehr als zwei Stunden Ausdauersport pro Woche trieben, hatten einer Studie zufolge ein um 60 Prozent geringeres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Für Frauen ist körperliche Bewegung sogar noch wichtiger, da sie anfälliger sind. Wer also aktiv bleibt, steigert seine Leistungsfähigkeit, zudem sinken Blutdruck, ungünstige Blutfette und auch Stresshormone, die auf Dauer gesehen aufs Herz gehen – und: Unser Herz ist auch gegen Rhythmusstörungen besser gewappnet.
Mehr Mittelmeerküche
Auch die Ernährung spielt eine wesentliche Rolle. Herzspezialisten empfehlen gern eine Mittelmeerküche, aber die echte, nicht nur Pizza und Pasta, sondern vor allem viel Gemüse, Salat, Obst und Hülsenfrüchte. Zudem Oliven- oder Rapsöl, das sind die mit den „guten Fettsäuren“. Dazu mehr Fisch und weniger Fleisch. Und, selbst wenn es jüngst erstmals eine leichte Entwarnung beim Salzkonsum gab: Gewürze und Kräuter wie Petersilie, Basilikum, Thymian oder Rosmarin sind besser. 30 Gramm unbehandelte Walnüsse pro Tag helfen zusätzlich. Ganz wichtig: Bitte beim Hausarzt öfter Blutzucker, Cholesterinwerte und den Blutdruck messen lassen; jeder Vierte in Bayern leidet unter Bluthochdruck. Sind diese Werte nämlich erhöht, spürt man davon meist nichts.
Todesursache Nr. 1
Die meisten Menschen sterben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aktuell knapp 40 Prozent aller Todesfälle. Zwar ist die absolute Zahl seit 1990 stark zurückgegangen, um fast die Hälfte, aber: Seit 2015 steigt sie wieder leicht an, warnt Professorin Ellen Hoffmann, Chefärztin der Kardiologie am Klinikum München-Bogenhausen. Denn: Der medizinische Fortschritt sei an eine Grenze gelangt. Hoffmann meint Methoden wie die Öffnung verstopfter Adern, das Einsetzen von Herzschrittmachern, künstlichen Herzklappen und Defibrillatoren; bei einem Herzstillstand können die Stromstöße eines Defibrillators lebensrettend sein – bei schweren Herzerkrankungen kann ein „Defi“ in Kleinformat am Herzen eingepflanzt werden. Zudem werde die Bevölkerung immer älter, sagt Hoffmann. Vor allem das Vorhofflimmern, eine Herzrhythmusstörung, nimmt rapide zu.
Falsche Signale
In Deutschland leiden 1,8 Millionen Menschen unter Vorhofflimmern – und jedes Jahr kommen tausende dazu. „Es ist eine Volkskrankheit“, sagt Expertin Hoffmann. Dabei funkt das Herz falsche Signale – die Folge ist plötzliches Herzrasen. Schon jetzt seien zwei Prozent der Menschen zwischen 50 und 60 davon betroffen, sagt Hoffmann. Bei den über 75-Jährigen sei es sogar einer von zehn. „Das heißt, dass das Vorhofflimmern mit der Lebenserwartung steigt.“ Aber: „Es geht linear nach oben – so stark nimmt die Lebenserwartung nicht zu!“ Bis 2060 rechnen Mediziner mit fast einer Verdoppelung der Fälle. Das Gefährliche: Rhythmusstörungen können unbehandelt lebensbedrohlich werden – und zu Herzschwäche sowie Schlaganfällen führen. Tückisch ist dabei, dass Vorhofflimmern bei mehr als der Hälfte aller Patienten zunächst ohne Symptome und Beschwerden auftritt – und somit oft unbemerkt bleibt. Um Schlaganfällen vorzubeugen, werden heute vor allem gerinnungshemmende Medikamente, „Blutverdünner“, verschrieben.
Einfache Therapie
Eine simple Therapie ist bei manchen auch der Verzicht auf Alkohol. Eine Studie auf dem Oktoberfest ergab 2017, dass schon junge Besucher nach erheblichem Biergenuss Rhythmusstörungen bekamen. „Alkoholkonsum kann also eine Rolle spielen“, sagt Expertin Hoffmann. „Patienten berichten, dass sie vier bis fünf Stunden danach wach werden und das Herz schnell und unregelmäßig schlägt.“
Eheglück als Mittel
Zum Schluss was fürs Herz: Aus kardiologischer Sicht sollten wir Segel setzen in den Hafen der Ehe. Denn das stärkt offenbar unser Herz. Das legt eine neue Studie nahe, die augenzwinkernd interpretiert wird. Mehr als zwei Millionen Menschen im Alter von 42 bis 77 Jahren aus Europa, Nordamerika, dem Mittleren Osten und Asien wurden „betrachtet“. Verglichen mit Menschen, die verheiratet waren, hatten Unverheiratete ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle.
Barbara Nazarewska (mit Material der Deutschen Herzstiftung, aus dem Deutschen Herzbericht und von der dpa)