Das ist Löws WM-Analyse

von Redaktion

Die WM in Russland war die dritte, die Joachim Löw als deutscher Cheftrainer verantwortete. Er hat die Daten aus ihr mit denen verglichen, die man aus den Turnieren 2010 (Dritter in Südafrika) und 2014 (Weltmeister in Brasilien) gewonnen hatte.

„2010 waren wir eine Mannschaft, die über Konter gekommen ist und die defensiv stark war, große Kompaktheit aufwies. Bis 2014 gab es eine ständige Weiterentwicklung.“ Die Konsequenz aus dem WM-Titel war dann: „Dass wir weiter in Richtung Ballbesitz gehen mussten, denn viele Mannschaften hatten Angst, von uns ausgekontert zu werden.“ Löw erinnert daran, dass man mit dominantem Auftreten die WM-Qualifikation rekordträchtig bestritten hat: „Zehn Siege in zehn Spielen.“ Er folgerte: „Wir waren die Benchmark, was unsere Spielweise betraf.“ Die WM 2018 überraschte ihn: „Die Defensive stand viel mehr im Vordergrund, das Konterspiel wurde mehr praktiziert, Standards haben eine nicht unwesentliche Rolle gespielt.“

Zu 2018 konkret: Die Deutschen hatten im Schnitt ihrer drei Spiele 67 Prozent Ballbesitz, 61 Prozent in der gegnerischen Hälfte.

Aber: Sie zeigten 22 Prozent weniger Sprints als noch in der Qualifikation – wohingegen die anderen Teams um 25 Prozent zulegten. „Läufe in hoher Intensität waren bei uns zwölf Prozent weniger“, sagt Löw, „die Laufleistung insgesamt war gut, aber die Intensität hat gefehlt. Wir haben auch weniger geradlinig gespielt als 2010 und 2014. Wir hatten 13 Prozent weniger Pässe nach vorne.“ Auch die Ballkontaktzeiten spielen eine Rolle. Vor vier Jahren lagen zwischen Ballannahme und -abspiel 1,19 Sekunden, in Russland waren es 1,51 Sekunden. Der internationale Fußball wurde schneller, der deutsche langsamer.

Da half es dann auch nicht, dass Löws Mannen so oft aufs Tor schossen wie noch nie. 2010: fünfzehn Schüsse pro Spiel. 2014: dreizehn. 2018 waren es 24. „Aber wir haben dreißig Schüsse mehr für ein Tor benötigt als 2014.“ Löw: „2014 haben wir die Goldene Mitte in Bezug auf Kontrolle und Geschwindigkeit gefunden.“ 2018 nicht.

Der Bundestrainer räumt ein, dass er sich davon beirren lassen habe, dass die souveränen Meister in den Ligen Deutschlands, Frankreichs, Englands, Spaniens (FC Bayern, Paris St. Germain, Manchester City, FC Barcelona) alle Ballbesitzfußball zelebrieren. „Auf die Strecke einer Meisterschaft ist das immer noch richtig“, glaubt er, „aber nicht unbedingt in K.o.-Spielen.“ Champions-League-Sieger sei Real Madrid geworden, das nicht so scharf darauf war, ständig den Ball zu haben, und Manchester City scheiterte in der Champions League am Überfallsfußball von Jürgen Klopps FC Liverpool.   Günter Klein

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