Gillamoos

Söder verlangt Dankbarkeit für Bayern

von Redaktion

Von Sebastian Horsch

Abensberg – „Auf geht’s, Defiliermarsch!“ Um kurz nach 10 Uhr ertönt das Kommando an die Blasmusik. Jetzt muss es schnell gehen, denn Markus Söder hat gerade den Zelteingang durchschritten. Der Ministerpräsident bahnt sich inmitten eines CSU-Trosses seinen Weg über den rechten Zeltflügel. Voran schreitet der Kelheimer Landrat Martin Neumeyer, dahinter Söder, dann folgen der niederbayerische Partei-Vize Manfred Weber und Generalsekretär Markus Blume. Vorne angekommen, stößt eine Bedienung dazu – ausstaffiert mit vier Mass Bier für die Herren. Ein Prosit, los geht’s!

Es ist Gillamoos-Montag, die ultimative Bierzelt-Schlacht. Neun Parteien kommen zum direkten Schlagabtausch auf ein einziges Volksfest im niederbayerischen Abensberg. Hier im Hofbräu-Zelt ist die CSU zuhause. Wenige Wochen vor der Landtagswahl ist jeder Platz besetzt, auch in den Gängen drängen sich Menschen. Es ist so dampfig, dass das Wasser von der Decke tropft.

Nachdem Landrat Neumeyer den Anheizer gegeben hat, erhebt sich Söder neben seiner Frau Karin vom Tisch und steigt die wenigen Stufen zur Bühne hinauf. Ein paar Scherze, dann ruft er: „Ich bin wieder hier, in meinem Revier!“ Der Ton ist damit gesetzt.

„Noch nie ging es Deutschland so gut“, sagt Söder. Doch nicht etwa in Berlin oder Bremen sei diese Erfolgsgeschichte geschrieben worden. „Deutschland ist so erfolgreich, weil es Bayern gibt!“ Denn „über den Länderfinanzausgleich finanzieren wir die Hälfte der Republik“. Dafür dürfe der Freistaat „Dankbarkeit“ erwarten, und „Respekt“. Genau wie auch der Mittelstand, wo die „Helden des Landes“ zuhause seien. „Lassen Sie uns wieder mehr über die Normalverdiener reden“, sagt Söder. Bei aller Hilfsbereitschaft gegenüber anderen müsse man nun wieder darauf achten, „die eigenen Leute nicht zu vergessen“. Die, die ihre Angehörigen pflegen, die Familien, die Landwirte. Um sie alle kümmere sich die CSU.

Doch auch die CSU selbst kommt derzeit kürzer als gewohnt. 36 Prozent. Ein Umfragewert, von dem andere Parteien nur träumen, der aber für die Christsozialen eine historische Schwächephase bedeutet. Im März hat Söder von Horst Seehofer das Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Doch die Umfragen sind seither noch schlechter ausgefallen. Dass das vor allem Söders Schuld wäre, behauptet kaum einer. Was allerdings nicht heißt, dass eine Wahlschlappe im Oktober ihn nicht den Kopf kosten könnte. Es wäre die kürzeste Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident nach 1945.

Im Hofbräu-Zelt geht es jetzt um Migrationspolitik: „Wir wollen die Balance zwischen Humanität und Ordnung“, ruft Söder ins Mikrofon. Wer in Deutschland zum Straftäter werde, „kann nicht mehr auf die Solidarität in unserem Land hoffen“. An erster Stelle müsse immer der Schutz der eigenen Bevölkerung stehen. „Freiheit und Sicherheit sind ein Geschwisterpaar“, sagt Söder.

Dann sind die anderen dran. Söder watscht die politischen Gegner der Reihe nach ab. Die SPD, die Erdogan Geld geben wolle, über die es sich aber auch gar nicht weiter zu schimpfen lohne. Denn: „Bedrohte Arten werden von der Bejagung verschont.“ Die Grünen, in deren Reihen Anton Hofreiter genauso gegen den Freihandel agiere wie US-Präsident Donald Trump – was angesichts der angeblich ähnlichen Frisuren auch nicht weiter verwundere. Die Freien Wähler, die dasselbe sagen würden wie die CSU, nur mit Freibier. Die mutlose FDP, die Angst vor der Verantwortung habe. „Wer sich in Berlin nicht traut, kann sich in Bayern nicht an den gedeckten Tisch setzen“, wiederholt Söder seine Koalitionsabsage an die Liberalen. Zudem wirft er Wolfgang Kubicki „Gossensprache“ vor, weil der FDP-Vize Angela Merkel eine Mitschuld an der Eskalation in Chemnitz gegeben hatte. Und dann schießt Söder natürlich auch noch gegen die AfD, deren „heimlicher Führer“ längst Rechtsaußen Björn Höcke sei.

Das alles kommt an, doch besonders viel Beifall erhält Söder immer dann, wenn er von Bayern als der „Insel der Seligkeit“ erzählt. Dem Anker in einer sich rasant verändernden Welt. „Bayern ist super, stark, stabil und einzigartig“, ruft er seinen Zuhörern zum Ende zu und appelliert: „Schauen Sie nicht nur ins Internet, sehen Sie die Realität.“

Wenig später steht Söder dann gemeinsam mit den anderen im bunten Schnipselregen auf der Bühne. Die Blasmusik hat Pause. Aus den Boxen schallt der Hit „Zusammen“ der „Fantastischen Vier“. Es wird gerappt. Die CSU-Politiker klatschen dazu etwas hilflos in die Hände. Söder kann sich stattdessen an einem ihm gerade überreichten Geschenk festhalten. Er wirkt nicht unglücklich darüber. Als er die Bühne verlässt, fällt eine der auf Volksfesten üblichen Namens-Klammern an seinem Janker auf. „Ministerpräsident Markus“ steht darauf. Er würde sie nächstes Jahr sicher gerne wieder tragen.

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