Es ist noch nicht lange her, da waren die Grünen die Prinzessin Rührmichnichtan der deutschen Politik: die Nase (und der Zeigefinger) viel zu weit oben, um sexy zu sein für die Wähler der bürgerlichen Mitte, und irgendwie auch zu moralisch fürs Regieren. Umso verblüffender der neue Drang zur Macht: So heiß war das grüne Spitzenduo in Bayern auf den Flirt mit der CSU, dass sich Markus Söder nach der Wahl regelrecht gestalkt fühlen musste. Und so ehrlich enttäuscht waren Katharina Schulze und Ludwig Hartmann nach Söders Absage, dass eigentlich nur noch der Vorwurf des Wahlbetrugs fehlte, weil die CSU den Sieger der Herzen aus der Staatskanzlei aussperre.
Es hat sich ausgesödert – aber aus Sicht der Öko-Partei anders als erhofft. Nun sind 17,5 Prozent ein tolles Wahlergebnis, aber noch kein Regierungsauftrag. Die Grünen muss das, wenn sie ein paar Nächte darüber geschlafen haben, nicht bekümmern. Bayern erhält eine Regierung mit klarem liberal-konservativem Profil und eine ebenso profilierte Mitte-links-Opposition statt einem Mischmasch a la GroKo, das Unterschiede bis zur Unkenntlichkeit einebnet und Wähler frustriert. In Bayern funktioniert die Demokratie so gesehen recht gut, bestimmt nicht schlechter jedenfalls als in Hessen, wo die Wähler nicht wissen, ob sie mit Bouffier, Schäfer-Gümbel oder Al-Wazir aufwachen, wenn sie nächste Woche mit CDU, SPD, Grünen oder FDP ins Bett gehen.
Und auch Bayerns Grünen-Wähler, die meisten von ihnen gebildet und gut situiert, müssen sich nicht grämen. Sie sind mit sich im Reinen, können ansonsten aber ihr Wohlstandsbürgerleben entspannt weiterleben und beruhigt zusehen, wie jetzt auch die CSU ergrünt.
Georg.Anastasiadis@ovb.net