Bad Tölz – Florian Rein, 47, ist Musikproduzent und Schlagzeuger bei den Bananafishbones und The Heimatdamisch. Einmal im Jahr gibt er ein etwas anderes Konzert: Im Rahmen der Tölzer Leonhardifahrt gehört Rein zu den Goaßlschnalzern, die am Dienstag auf der Marktstraße im Takt die Peitschen knallen lassen werden.
Was heute als Einlage vor hunderten Zuschauern zelebriert wird, geschah einst aus ganz praktischen Gründen: Am plausibelsten ist die Erklärung, dass das Lärmbrauchtum zu Beginn der Winterzeit die Dämonen aus Haus und Ställen vertreiben sollte. Worauf es beim Leonhardigoaßln ankommt und wie Rein seine Fähigkeiten am Schlagzeug beim helfen, verrät er im Interview.
Herr Rein, ist der Auftritt an Leonhardi die Champions League der Goaßlschnalzer?
Naja, es goaßln ja nur Tölzer. Es gibt Deutsche und Bayerische Meisterschaften. Aber da werden nur ein paar Schwünge gemacht, und das rattert dann ganz schnell durch. In Tölz geht es um rhythmische Folgen über zwei oder drei Minuten.
Was ist die Herausforderung des Zusammenspiels?
Man will einen regelmäßigen Dreivierteltakt zu dritt und zu viert einen Viervierteltakt hinkriegen. Es gibt immer einen Schlagmann, der den Rhythmus vorgibt. Wenn der Start nicht passt, kann man eigentlich gleich wieder abbrechen. Es geht auf Sichtkontakt: Man muss sofort nachziehen, wenn der Vordermann im Schwung ist. Und die Goaßln müssen aus dem gleichen Material und gleich lang sein. Sonst ist der Sound zu unterschiedlich. Vor allem aber müssen die Abstände der Schläge gleich sein. Das ist die Kunst.
Warum kracht es dann eigentlich?
Die Schmitz – das Ende der Goaßl – wird so schnell zurückgerissen, dass sie die Schallmauer durchbricht. Das ist eine 30 Zentimeter lange, feine Nylonschnur, die an das obere Seil angebunden wird.
Und worin besteht der Rest der Goaßl?
Insgesamt ist sie etwa 3,60 Meter lang. Am Stock, den der Goaßler in der Hand hat, hängt ein geflochtenes Hanfseil, das sich mit der Zeit verjüngt. Es ist aus vier Strängen zusammengedreht. Diese spezielle Technik beherrschen nur noch wenige Seiler. Material zu bekommen, ist ein Problem.
Auf was kommt’s bei der Technik an?
Auf einen Schwung in Achterform. Dass diese lange Schnur gleichmäßig fliegt, nicht mehr den Boden berührt und auf jeder Seite einen schönen Schlag abgibt. Als Anfänger kann man sich ziemlich verletzen. Ich habe früher im Garten mit Motorradhelm und Handschuhen geübt. Das sah natürlich lustig aus. Aber ich habe auch schon gespaltene Ohren gesehen. Wenn das Ding daherpeitscht, und man hat’s nicht über dem Kopf sondern auf Kopfhöhe, dann tut’s weh.
Tun Sie sich als Schlagzeuger leichter?
Ich höre schneller, ob der Takt gleichmäßig ist oder nicht. Der eine oder andere Goaßler hat eine super Technik, aber er kann nicht nachjustieren – weil er gar nicht merkt, dass es nicht rhythmisch passt.
Wie oft trainieren Sie zusammen vor Leonhardi?
Fünf bis zehnmal. Da geht’s einerseits ums Eingrooven – aber auch um Kondition. Zwei bis drei Minuten am Stück goaßln ist extrem anstrengend. Man braucht viel Kraft, ich habe jedes Mal danach Muskelkater.
Interview: Tobias Gmach