und Frotzeleien vor dem Fresko

von Redaktion

München – Seine Majestät, König Maximilian II., wünschte ein Fresko voll großen Künstlern und berühmten Wissenschaftlern. Ein Gemälde, das Bayern in seiner vollen Blüte als „Zentrum der deutschen Intelligenz“ zeige. Klenze, Humboldt, Schelling blicken nun würdevoll von der Wand des Akademiesaals, Fraunhofer, Liebig und Kaulbach. Ach ja, sowie davor Hubert Aiwanger und Markus Söder.

Die neuen Bündnispartner haben sich den schmalen Raum in einem Seitenflügel des Landtags für die feierliche Unterschrift ihres Koalitionsvertrags ausgesucht. Das ist zwar für alle Berichterstatter unpraktisch, bringt aber schöne Bilder vor dem historischen Fresko, eingerahmt von Marmorsäulen. Aiwanger und Söder bemühen sich also um ein huldvolles Lächeln vor dem Gemälde.

Die Unterzeichnung eines Koalitionsvertrags ist eines dieser Rituale, die man halt macht. Rechtsbindung hat der Vertrag nicht. Wichtiger ist, wie man intern miteinander umgeht. Da hallt ein Satz von Aiwanger vom Vorabend nach, der vor Journalisten frohlockt hatte, was er der CSU alles „reingewürgt“ habe. Söders Lager registrierte das überrascht. Der Ministerpräsident bemüht sich im Akademiesaal zwar um getragene Worte („Das Vertrauensverhältnis ist enorm gestiegen“). Zwei spitze Bemerkungen kommen ihm aber aus. „Viel Erfolg auch als Staatsmann“, raunt er dem hemdsärmeligen Aiwanger zu. „Ich wünsche viel Spaß in der Regierung.“ Ein kurzes „Hehe“, entfährt ihm noch.

Frotzeleien, vorerst harmlos. Der Rest der Koalitionsbildung schreitet nach Plan voran. Die Freien Wähler regeln weitere Personalien. Ihren ehrgeizigen Juristen Florian Streibl wählen sie zum Fraktionsvorsitzenden, zum Aiwanger-Erben sozusagen. 21 Stimmen erhält er, allerdings votieren sechs Parteifreunde gegen ihn oder enthalten sich. Man sagt, Streibl wäre lieber Minister geworden, Justiz. Er dementiert nach der Wahl: „Ich habe viel in mein Seelenleben hineingehorcht und habe entdeckt, dass ich mit Leib und Seele Parlamentarier bin.“

Weitere FW-Personalien sollen folgen, unter anderem müssen noch zwei Staatssekretäre gefunden werden, am besten Frauen. Dazu dürfen die Freien Wähler – beamtenrechtlich eine Grenzüberschreitung – drei Mitarbeiter in die Verwaltung einspeisen: einen stellvertretenden Regierungssprecher und Vizechefs der Vertretungen in Berlin und Brüssel.

Auch ihre ersten Abstimmungen im Parlament übersteht die Koalition mühelos. Bei der Wahl des Landtagspräsidiums stimmen CSU und Freie Wähler brav auch für die Kandidaten des jeweils anderen.

In der CSU ist die Nervosität an diesem Tag dennoch unverändert hoch. Noch steht kein einziger Name für Söders Kabinettsliste fest. Der Ministerpräsident, taktisch geschult, will vor seiner eigenen Wiederwahl heute Vormittag keinen Parteifreund enttäuschen – nicht, dass es noch Gegenstimmen aus der CSU gibt. Das Kabinett soll erst am Wochenende festgezurrt und am Montag, 12. November, vereidigt werden. Diesmal im Plenum, ohne Fresko.  cd/mik

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