Das Ringen um die Milliarden der Internetriesen

von Redaktion

Streitpunkt Digitalsteuer: Deutschland bremst – Großbritannien plant Einführung nach dem Brexit

München – Internetriesen wie Google und Facebook, zumindest da herrscht zwischen den EU-Staaten Konsens, nehmen in Europa Milliardensummen ein. Gerade im Fall von Google ist die Frage, wie hoch die ausfallen: Der Suchmaschinendienst, der im Netz alles findet, ist bei seinen eigenen Daten nicht unbedingt auskunftsfreudig. Fast 111 Milliarden Dollar hat das Unternehmen 2017 weltweit eingenommen. Wie viele Millionen oder Milliarden auf den europäischen Markt entfallen, ist Gegenstand von Schätzungen.

Immerhin, für das Soziale Netz von Mark Zuckerberg gibt es offizielle Zahlen: Im ersten Quartal dieses Jahres waren 377 Millionen Menschen in Europa bei Facebook als Nutzer gemeldet. Sie brachten dem Unternehmen allein in diesen drei Monaten drei Milliarden Dollar ein.

Konzerne wie Google oder Facebook – aber auch Amazon und andere Internetfirmen – verbuchen zwar hohe Umsätze und Gewinne in Europa, zahlen aber kaum Steuern. Der Vorschlag der EU-Kommission: Firmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa sollen künftig drei Prozent Umsatzsteuer entrichten, auf Werbeeinnahmen und Einnahmen aus dem Handel mit Nutzerdaten.

Vorangetrieben wird die EU-Digitalsteuer vor allem von Frankreich. In Paris argumentiert man wie folgt: Die Unternehmen erhalten gratis die Daten von EU-Bürgern, generieren über diese Daten Einnahmen und müssen dafür angemessen Steuern zahlen. Nutzerdaten, so die Meinung aus Paris, der einige EU-Staaten folgen, seien der kostbarste Wert des 21. Jahrhunderts. Es gibt Staaten wie Irland, Malta oder Luxemburg, die dieser Meinung nicht zustimmen.

Deutschland sitzt in der Debatte um die umstrittene Steuer zwischen den Stühlen. Zwar hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) noch im September nach einem Treffen mit seinen europäischen Kollegen erklärt, er teile den Ehrgeiz, bis Jahresende Ergebnisse zu erzielen. Kurz vor dem Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am vergangenen Wochenende in Berlin erteilte er der raschen Einführung einer EU-Digitalsteuer dann aber doch eine Absage.

Er wolle bis 2020 eine Regelung mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anstreben, erklärte Scholz. Die USA, deren mögliche Antwort auf eine europäische Digitalsteuer nicht nur Deutschland fürchtet, sind eins der 36 OECD-Mitglieder. Allerdings: Mit einer schnellen Einigung ist auf dieser Ebene noch weniger zu rechnen als in der EU. Darum ließ Scholz verlauten: „Sollte es wider Erwarten in den nächsten anderthalb Jahren nicht klappen, muss die EU allein handeln und zum Januar 2021 in jedem Falle entsprechende Regeln in der EU etablieren.“ Während der Bundesfinanzminister mögliche Sanktionen gegen die deutsche Automobilindustrie ins Feld führt, wirft die französische Regierung Deutschland vor, das Projekt Digitalsteuer auszubremsen.

Ungerührt von den Querelen in der Union plant ein Noch-Mitglied bereits seine Variante der Digitalsteuer: Großbritannien will nach dem Austritt eine Abgabe einführen, die auf Umsätze erhoben wird, die auf britischem Boden erzielt werden. Geschätzte jährliche Mehreinnahmen: 450 Millionen Euro.

K ATHRIN BRACK

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