Offene Worte sind der beste Schutz für Kinder

von Redaktion

EXPERTEN-INTERVIEW

In der Familiensprechstunde gibt es Hilfe für Eltern, die an Krebs erkrankt sind – und für deren Kinder, die nun in Angst um Mama oder Papa leben. Ein Interview mit Therapeutin Claudia Mück.

Warum ist es so wichtig, mit dem Kind so früh wie möglich über den Krebs zu sprechen?

Kinder haben ungeheuer feine Antennen. Sie spüren schnell, wenn etwas mit Mama oder Papa nicht in Ordnung ist. Sie beginnen dann, unter der ungeklärten Situation zu leiden – viele entwickeln Schuldgefühle. Deshalb ermutigen wir Eltern stets, den Kindern früh zu sagen, was los ist.

Wie stark kann diese Belastung für die Kinder werden?

Frühe Untersuchungen zeigen, dass eine Krebserkrankung bei Vater oder Mutter die Entwicklung von Kindern sehr nachhaltig beeinträchtigen kann: Sie tragen ein deutlich erhöhtes Risiko, eine psychische oder psychiatrische Störung zu entwickeln. Das Gespräch ist das beste Mittel, um möglichen Krisen beim Kind vorzubeugen.

Wie viel Wahrheit über die Krankheit ist nötig und richtig?

Mit dieser Frage rufen uns tatsächlich viele betroffene Eltern an und wollen wissen, wie sie das Gespräch mit dem Kind angemessen und verständlich führen. Oft genügt schon ein Telefonat oder ein persönliches Beratungsgespräch, um der Mutter oder dem Vater alles an Informationen an die Hand zu geben.

Nehmen kleine Kinder die Informationen anders auf als ältere?

Je jünger die Kinder sind, desto besser verkraften sie alles: Kleine Kinder nehmen die Dinge so, wie sie sind. Für sie ist das Wort Krebs in der Regel nicht belastet. Ältere Kinder und Jugendliche hingegen spüren nicht nur, dass etwas nicht stimmt, sie zählen auch schnell eins und eins zusammen. Vielleicht finden sie einen liegen gelassenen Arztbrief? Oder sie hören zufällig ein Gespräch mit? Dann recherchieren sie im Internet und machen sich ihren eigenen Reim darauf.

Wie sieht die Unterstützung bei der Familiensprechstunde aus?

Ganz wichtig ist, dass wir unbürokratisch und schnell zu erreichen sind. Wir unterscheiden drei Ebenen der Begleitung: die Elternberatung oder das Elterncoaching, die Einzelbetreuung des Kindes – und schließlich die Kindergruppe „Bergfüchse“.

Sind die Bergfüchse ein therapeutisches Angebot?

Nein, die Bergfüchse sind in erster Linie ein erlebnisorientiertes Angebot der Familiensprechstunde. Die Kinder sollen hier vor allem Spaß haben und dabei merken: Ich bin nicht allein, es gibt noch andere. Und ich kann hier in der Gruppe so sein, wie ich gerade bin. Die anderen verstehen das, ihnen geht es wie mir. Als Therapeutinnen sind wir aber darauf vorbereitet, wenn kritische Situationen entstehen.  mm

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