München – Mit der Liebe kam die Kunst zu ihnen. Die Münchner Beatrice Foit und Dirk Brettschneider kannten sich noch nicht lange, als sie vor fünf Jahren zu ihrer ersten gemeinsamen Städtereise nach Barcelona aufbrachen. „Mich zog es in die Galerien“, sagt die 32-jährige Architektin, die seit ihrer Jugend selber gerne malt. Plötzlich standen sie vor einem Bild, dessen Funke sofort auf sie beide übersprang.
„Es hat uns supergut gefallen“, sagt Brettschneider. Der Geschäftsführer im Buchhandel hatte sich bis dahin noch nicht sehr intensiv mit Kunst beschäftigt. Er vertraute seiner Freundin. „Mir war sofort klar, dass dieser Künstler mal bekannt wird“, sagt Foit. Sie sollte recht behalten. 35 Euro zahlten sie für das Bild des damals noch unbekannten jungen spanischen Künstlers Alvaro Marzan. Heute sei es das Zehnfache wert, sagen sie.
Auch Annette Kellers erster Kunstfang erwies sich im Nachhinein als einer, der an Wert gewann. Die 49-Jährige lebt und arbeitet als selbstständige Internet-Designerin in einer Altbauwohung in München. Hohe Decken, geschmackvolle Einrichtung, Gemälde und Fotografien an den Wänden. Über dem Sofa eine Trilogie eines japanischen Fotografen. Bilder, die zum Nachdenken anregen. Auf dem ersten eine alte japanische Frau in einem Pappkarton, auf dem zweiten dieselbe Frau mit einem alten Mann, auf dem dritten sie mit dem Alten und einem jungen Mann. Der Künstler Tatsumi Orimoto schuf die Reihe seiner Mutter zu Ehren, die damals schon an Alzheimer litt.
„Ich habe die Bilder in einer kleinen Galerie in Hamburg entdeckt und war fasziniert“, erinnert sich Keller. 1997 war das, sie war Berufsanfängerin, hatte wenig Geld. Doch der japanische Künstler ging ihr nie mehr aus dem Kopf. „Als ich mehr Geld verdiente, habe ich mir die Fotografien gekauft.“ Sie zahlte doppelt so viel wie vier Jahre zuvor noch in Hamburg. „Heute könnte ich sie mir vermutlich gar nicht mehr leisten“, sagt sie. Werke von Orimoto hängen inzwischen im Hara Museum of Contemporary Art in Tokio. „Natürlich macht mich das ein bisschen stolz“, sagt Keller.
Mit der Kunst reich werden, das wollen weder sie noch das Paar Foit und Brettschneider. „Für mich war nie wichtig, sie als Anlage zu sehen“, sagt Keller. Seit 2001 hat sie 17 Kunstwerke erstanden. Als Kunstsammlerin möchte sie sich dennoch nicht bezeichnen. „Das ist mir zu hoch gegriffen.“ Dazu gehöre in ihren Augen ein Archiv und ein Konzept. „Ich sammle Kunst nur für mich.“ Dabei verlässt sie sich auf ihr Bauchgefühl und ihren Geschmack: „Ich bin nie auf der Suche nach Kunst. Ein Bild muss mich finden und sofort anspringen.“
Manchmal kauft sie ein Jahr lang gar nichts, dann innerhalb weniger Monate mehrere Werke. Oft ist sie in fremden Städten unterwegs in Galerien, geht auf Kunstmessen, lässt sich inspirieren. Sie liebt die Geschichten hinter den Werken. Auch das größte Bild in ihrem Wohnzimmer erzählt eine solche. Eine Frau, eine weiße Leerfläche in ihrer Hand. Es symbolisiere die Handy-Besessenheit von Großstädtern, insbesondere der Berliner, daher der Bär in Neongrün.
Keller fand das Bild auf der „Art Muc“-Kunstmesse. Es stammt von einem jungen Berliner Künstler, Jakob Bardou, mit dem sie sich dort unterhielt. „Erst wollte er das Bild nicht verkaufen, er hing noch daran. Aber ich konnte ihn wohl überzeugen, dass es in gute Hände kommt.“
Es ist dieses Persönliche, was auch Beatrice Foit und Dirk Brettschneider am Markt für Zeitgenössische Kunst schätzen. Sie bezeichnen sich als Kunstsammler. Einen fünfstelligen Betrag hätten sie in den vergangenen fünf Jahren für Kunst ausgegeben, sagen sie. Als monetäre Anlage betrachten sie sie aber auch nicht. „Da würden wir eher eine Eigentumswohnung kaufen“, sagt Brettschneider lachend.
Zu den Künstlern, von denen sie Werke haben, halten sie Kontakt. „Aus ihrer Freiheit zu denken kann man sich viel herausziehen, sie geben einem Flexibilität fürs eigene Denken“, sagt der 44-Jährige. Ihm gefällt die Idee, dieses Wilde und Unabhängige zu bewahren. „Junge Künstler schenken so viel Inspiration und Kreativität. Ihnen geht es wirtschaftlich aber oft nicht gut. Ich finde es super, sie zu unterstützen.“
Gutes tun und sich selbst erfreuen, das ist einer der Gründe für ihn, Kunst zu sammeln. Außerdem ist er längst infiziert. Seit er den Zugang zur Kunst gefunden hat, wachse die Leidenschaft. „Kunst ist wie guter Wein. Je mehr man sich mit ihr beschäftigt, desto mehr Nuancen nimmt man wahr.“