„Man muss einen guten Riecher haben“

von Redaktion

INTERVIEW Die Münchner Galeristin und Kunsthistorikerin Karin Wimmer über den Wert von Kunst

Wann ist es Kunst und wie wird man reich mit ihr? Karin Wimmer, 44 Jahre, Kunsthistorikerin und Galeristin aus München, vermittelt Kunst. Eine Einführung in die Welt des Sammelns.

Wann ist Kunst Kunst?

Das liegt im Auge des Betrachters. Aber als Kunsthistoriker hat man ein geschultes Auge. Bei moderner, konzeptioneller Kunst gibt es nicht die klassischen Qualitätsmerkmale. Das Werk muss handwerklich sauber gearbeitet sein, der Künstler muss ein Konzept haben.

Konzept hört sich schon wieder schwierig an…

Vielen fehlt der Zugang zu zeitgenössischer Kunst. Sie muss vermittelt werden. Und da hapert es oft. Kunst zu erklären wird oft abschätzig als pädagogischer Teil gesehen. Viele Künstler wollen auch nicht, dass man eine Anleitung für ihr Werk gibt, obwohl ja oft viel dahinter- steckt. Aber wenn man den Kunstinteressierten in die richtige Richtung lenkt, macht Kunst mehr Spaß. Mit ein paar Informationen über die Intentionen des Künstlers setzt man Raum frei für Assoziationen, die Fantasie des Betrachters wird angeregt.

Kunst soll Spaß machen?

Das ist das Wichtigste. Wer sich neu mit Kunst beschäftigt, tut das oft, weil er einen Bezug zu einem Künstler hat, auf Reisen auf etwas gestoßen ist oder zufällig in einer Ausstellung etwas gesehen hat, was ihn emotional angesprochen hat.

Kann man Kunst auch nur als Wertdepot betrachten?

Natürlich kann Kunst auch rein als Geldanlage funktionieren. Dafür muss man finanziell gut ausgestattet sein. Wer mit Kunst Geld machen möchte, muss in teure, bekannte Künstler investieren. Und sollte einen Berater haben, wie man sich in Bankgeschäften auch beraten lässt.

Was kann man falsch machen?

Ein Fehler ist, nur auf den Namen zu achten. Bei einem Warhol oder Picasso ist es nicht egal, welches Werk man besitzt. Es gibt nur einige Phasen, aus denen die Werke wirklich viel wert sind. Die Qualität ist unterschiedlich. Dafür muss man die Auktionspreise kennen und sich mit dem Künstler auseinandersetzen. Ein zweiter Fehler ist es, über Jahre wild durcheinander zu sammeln. Man sollte sich vorher überlegen, worauf man sich spezialisieren möchte und wie die Sammlung vielleicht in 20 Jahren aussehen soll. Auch hier ist ein Konzept sinnvoll.

Muss Kunst teuer sein?

Überhaupt nicht. Gute Kunst kann unter 100 Euro kosten, aber auch Millionen Euro wert sein.

Wie viel Geld sollte man übrighaben, um mit dem Sammeln zu beginnen?

Auch hier gibt es keine feste Richtlinie. Wenn man etwas Dekoratives fürs Wohnzimmer sucht, kann man auch die Nummer 52 von 500 aus einer Edition nehmen. Dafür muss man nicht so viel ausgeben. Sieht man das Bild als Investment, sollte man schon ein Einzelstück kaufen. Für Einsteiger eignen sich zeitgenössische Künstler.

Wie erkennt man einen jungen, vielversprechenden Künstler?

Man muss einen guten Riecher haben und Glück. Wer vor 40 Jahren für wenig Geld etwas von Gerhard Richter erstanden hat, kann damit heute reich werden.

Aber ob derjenige damals aus diesem Grund zu Richter gegriffen hat?

Einen Massengeschmack darf man eben auch nicht haben. Denn wenn ein Künstler plötzlich sehr populär wird, produziert er vielleicht inflationär. Ist das Angebot zu groß, sinken die Preise. Es gelten eben auch in der Kunst die Regeln des Marktes.

Also doch nur Glück?

Nein. Einen guten Künstler erkennt man daran, dass er eine eigene Handschrift hat. Das ist auch Aufgabe eines Galeristen, zu beobachten, ob sich Künstler weiterentwickeln und sich trotzdem treu bleiben.

Wie erkennt ein Laie, ob Preise angemessen sind?

Man sollte wissen, wie renommiert ein Künstler schon ist. Wer gerade aus der Kunsthochschule kommt, kann nicht so viel verlangen wie einer, der 30 Jahre im Geschäft ist und schon viele Einzelausstellungen gemacht hat. Und ganz lapidar: Die Produktionskosten sollten eingerechnet werden. Eine riesige Installation aus wertvollen Materialien kostet per se ja schon mehr.

Interview: Aglaja Adam

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