Eiskalte Lehrerin
Sabine Laermann ist nicht zu stoppen. Während „Normalos“ derzeit höchstens in die heiße Badewanne steigen, zieht die 61-Jährige im Tegernsee (Kreis Miesbach) ihre Bahnen. Und zwar täglich vor dem Frühstück. „Heute musste ich mir erst den Zugang freischaufeln“, sagt die ehemalige Lehrerin und lacht. Schneechaos und Baden im vier Grad kalten See – für die Tegernseerin kein Widerspruch. Etwa zehn Minuten lang gönnt sie sich das eisige Vergnügen. „Ich habe mich daran gewöhnt. Ich empfinde es gar nicht mehr als so kalt“, sagt Laermann. Zum schneeweißen Badeanzug trägt sie Handschuhe, Neoprensocken und eine Mütze. Damit sie nicht zu sehr auskühlt. Das tägliche Schwimmen sei für sie wie Meditation, sagt Laermann. „Ich habe Spaß daran und es tut mir gut.“ Gestern schien sogar die Sonne. „Da hat man dann einen Traumblick über den See.“
Kaffee für die Helfer
Als Ludwig Huber sah, dass Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Gelting (Kreis Ebersberg) bei Wind und Wetter frierend im Einsatz waren, war für ihn klar: „Zum Aufwärmen bekommen sie bei uns im Hofladen eine Stärkung.“ Via WhatsApp lud er die Helfer ein, auf Facebook schrieb er: „Auch wir möchten Danke sagen. Bei uns auf dem Zehmerhof sind alle Schneepflugfahrer sowie Kräfte von Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei zu einem Gratis-Kaffee eingeladen (…) Wir freuen uns auf euer Kommen!“ „Das ist eine tolle Geste“, sagte Feuerwehrkommandant Hubert Bichler. „Und eine schöne Anerkennung für unsere Arbeit.“ Das Angebot, betont der Wirt, gelte für alle, die wegen des Schnees im Einsatz seien.
Viele Lifte bleiben zu
Bester Schnee, Sonnenschein, aber kein Lift läuft. Das war gestern die bittere Realität in vielen oberbayerischen Skigebieten. Am Spitzingsee und Sudelfeld stand am Freitag alles still – die Zufahrtsstraßen waren ohnehin gesperrt. Auch im Skigebiet Brauneck-Wegscheid öffneten nur die Tallifte. Der schwere Schnee hatte viele Bäume abgeknickt. „Diese liegen zum Teil in den Pisten und auch auf dem Seil der Finstermünzbahn“, berichtete Alpenplus-Sprecherin Antonia Asenstorfer. Dafür nutzten am Freitag Tourengeher die Gunst der Stunde, um über perfekt gewalzte Pisten zum Brauneck (2,65 Meter Schnee) aufzusteigen. Die Prognose fürs Wochenende: Am Brauneck gehen bis auf die Finstermünzbahn alle Anlagen wieder in Betrieb. „Wir konnten inzwischen mit Hubschrauberunterstützung die Schneelast von den Bäumen nehmen“, so Asenstorfer. Auch am Sudelfeld sollen die meisten Lifte wieder laufen. Die Spitzingstraße wiederum bleibt wohl auch am Samstag gesperrt. Wenn was geht, dann über die Suttenbahn auf der Rottach-Egerner Seite (Infos: alpenplus.com). Komplett gesperrt bleibt am Wochenende der Blomberg. Dort ist weder Rodeln noch Skitourengehen oder Winterwandern möglich. „Alle Anlagen geöffnet“, meldet das Skigebiet Garmisch-Classic.
Katastrophengebiete
Die Behörden haben am Freitag im Landkreis Garmisch-Partenkirchen den Katastrophenfall ausgerufen. Für die oberbayerischen Landkreise Miesbach, Bad Tölz-Wolfratshausen, Traunstein und Teile des Berchtesgadener Lands gilt dieser weiterhin. Die Münchner Feuerwehren haben am Freitag 77 Kräfte und 18 Fahrzeuge zur Hilfe nach Berchtesgaden geschickt, weitere könnten nach Traunstein ausrücken. Auch aus den Landkreisen Altötting, Dachau, Freising, Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt und Pfaffenhofen a.d.Ilm sind Helfer in die Krisengebiete gefahren oder unterwegs.
Hubschrauber am Limit
Das Wetter bringt auch die erfahrenen Crews der Rettungshubschrauber an ihre Grenzen. Vor allem das Landen sei schwierig, erklärte ein ADAC-Sprecher am Freitag. Die Hubschrauber würden im Landeanflug so viel Schnee aufwirbeln, dass die Piloten fast nichts mehr sehen könnten. In steilen Gebieten könne teils gar nicht gelandet werden. Die Retter müssten sich abseilen.
Dächer in Gefahr
Die Schneelasten drücken auf die Dächer. Im Raum Berchtesgaden galten am Freitag 450 als bedroht, auch im Kreis Miesbach sind viele Dächer gefährdet. Die Helfer sind im Dauereinsatz. „Immer wieder erreichen das Landratsamt Anfragen von Privatleuten, ob ihre Hausdächer vom Schnee befreit werden könnten“, teilte das Landratsamt Miesbach mit. Dafür habe man aber keine Kapazitäten. Die Sorge gilt vorrangig öffentlichen Gebäuden und Hallen, die als Notunterkunft dienen könnten. Privatleute müssten sich an private Dienstleister wenden. Zahlreiche Turnhallen wurden gesperrt, unter anderem in den Kreisen Traunstein und Miesbach. In Holzkirchen wurde das Einkaufszentrum HEP samt Tiefgarage geschlossen.
Auch die Franziskanerminoriten im Kloster Maria Eck in Siegsdorf (Kreis Traunstein) sind in Sorge. Durch Verwehungen habe sich der Schnee bis zu zwei Meter hoch auf dem Kloster aufgetürmt. „Wir müssen Angst haben, dass die Dächer einbrechen“, sagte Klostervorsteher Franz-Maria Endres. Solche Mengen an Schnee habe er in seinen 16 Jahren im Chiemgau noch nicht erlebt.
Postboten verspätet
„Es ist klar, dass unsere Leute derzeit nicht so schnell vorankommen“, sagte ein Postsprecher am Freitag. Viele Straßen seien nicht geräumt oder wegen des Schnees zu eng. „Es kann daher vorkommen, dass sich die Zustellung um ein bis zwei Tage verzögert.“ rm, gab, be, wha, dpa, kna