Las Vegas – Automatische Notfallbremsungen sind ein wesentlicher Bestandteil des teilautonomen Fahrens. „Level 2“, wie der Experte sagt. Aber erst bei „Level 4“ muss der Mensch nur noch im Notfall eingreifen – bei Stufe 5 erledigt das Fahrzeug alles von selbst. So weit ist es noch lange nicht, schon gar nicht bei den Trucks. Daimler bringt jetzt als erster Hersteller weltweit ein teilautonomes Fahrzeug auf den Markt.
Notfallbremsung, Spurhalteassistent, automatisches Anfahren und Bremsen im Stau, dazu ein intelligenter Totwinkelwarner, der den Truck fast in seiner ganzen Länge überwacht – das sind Features, die Unfälle verhindern sollen. Bei Unfällen mit Lastwagen sind meist die Trucker schuld – oft mit verheerenden Folgen. „Ein Autounfall kostet Geld, ein Unfall mit Lastwagen kostet Leben“, sagte Martin Daum, Chef der Lkw-Sparte von Daimler. 500 Millionen Euro will Daimler Trucks in den nächsten Jahren in Techniken investieren, die selbstfahrende Lkw möglich machen sollen. Vom Geister-Truck, der alles erledigt, ist man aber mindestens noch eine Dekade entfernt. Zu komplex ist ein Lkw im Vergleich zum Auto, schon wegen Gewicht und Größe.
Wie komplex das Thema ist, zeigt dieses Beispiel: Noch vor kurzer Zeit haben Lkw-Hersteller dem sogenannten Platooning, also der Verkettung mehrerer Trucks zu einem Verband und deren autonome Steuerung durch die Fahrzeug-Computer, große Chancen eingeräumt. Versuche haben jedoch ergeben, dass der Verbrauch eher steigt, weil die Lkw auf der Fahrt immer wieder bremsen und Gas geben müssen, um das Platoon – Englisch für Zug oder Gruppe – aufrechtzuerhalten.
Truck-Chef Daum bremste deshalb auf der Messe CES in Las Vegas die Erwartungen. „Autonomes Fahren kann ich mir in der nächsten Zeit nur von Hub zu Hub vorstellen.“ Also von Umschlagplatz zu Umschlagplatz. Alles andere wie das Rangieren oder das Fahren durch Wohngebiete und über ländliche Straßennetze werde auf unbestimmte Zeit weiter der Mensch übernehmen müssen.
Viel realistischer ist schon das elektrische Fahren. Daimler hat bereits die ersten rein mit Strom betriebenen Trucks an Kunden zu Testzwecken ausgeliefert, die Serienfertigung soll 2021 stehen. Allerdings kostet so ein Truck (400 Kilometer Reichweite) rund 50 Prozent mehr als ein herkömmlicher Lkw, die Betriebskosten liegen ebenfalls um das Doppelte höher. RUDOLF BÖGEL