München – „Hoffnung geben – das ist immer gut.“ Andreas R. Batlogg, Jesuitenpater und Autor, stimmt nicht in den Chor derjenigen ein, die sich über die Twitter-Nachricht von Gesundheitsminister Jens Spahn empören. Der 56-jährige Jesuit aus München, selber an Darmkrebs erkrankt, hat gerade ein Buch darüber geschrieben, wie die Diagnose sein Leben durcheinandergewirbelt hat („Durchkreuzt“, Verlag Tyrolia).
Batlogg sieht die Debatte nüchtern. Spahn sei Politiker, kein Arzt. Ein Minister müsse Perspektiven eröffnen. Der CDU-Politiker werde sich bewusst sein, dass er kein Prophet ist und gerade bei Krebs sehr sensibel sein müsse. „Es ist eine mutige Aussage, aber es ist auch seine Aufgabe, die Forschung voranzutreiben“, so der Ordensmann. Wer hätte Anfang der 80er-Jahre daran geglaubt, dass Aids mit Medikamenten beherrschbar ist? Batlogg nimmt an, dass der Tweet kein PR-Gag war, sondern es berechtigte Gründe für seine Nachricht gebe.
Trotzdem warnt der Jesuit: „Falsche Hoffnungen zu machen, das darf nicht sein. Ich kenne das: Man greift nach jedem Strohhalm. Alles, was nach einer positiven Prognose klingt, das saugt man auf.“ Der Ordensmann durfte erfahren, welche guten Fortschritte es bei der Therapie von Darmkrebs gibt. Etwa, dass er die Chemo viel besser als befürchtet vertragen hat.
Eine Krebsdiagnose stelle das ganze Leben auf den Kopf. Auch nach der Therapie muss Batlogg mit schwerwiegenden Behinderungen leben. Er habe das ganze Ausmaß unterschätzt. Dabei habe er noch das Glück, dass Darmkrebs zu den besser erforschten Erkrankungen gehört. Doch es bleibe die Angst davor, dass der Krebs zurückkommt. „Insofern muss man sich in der Politik genau überlegen, wo man berechtigte Hoffnungen weckt.“ Mit leiser Ironie sagt er: „Jens Spahn wird den Wahrheitsbeweis in 20 Jahren nicht antreten müssen.“ CLAUDIA MÖLLERS