„Das Klima ist ein feuriges Pferd“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Zum Buch „Am Berg“ gehören auch mehrere Experteninterviews. Eines ist mit Karl Gabl, 72. Er leitete jahrzehntelang die Regionalstelle der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Innsbruck. Gabl gilt als „Wetterpapst“ für Extrembergsteiger in aller Welt. Wir dokumentieren das Interview in Ausschnitten.

Sie beschäftigen sich seit über 50 Jahren mit dem Wetter und Klima. Was denken Sie übers Klima?

Wir nehmen Klima oft wahr als einen braven Brauereigaul, der den Karren zieht. Und mehr oder weniger tut, was man erwartet. In Wahrheit ist das Klima ein feuriges Pferd. Es keilt um sich und schlägt temperamentvoll aus in seiner engen Box. Wenn du nicht aufpasst, kann’s weh tun.

Woher kommt das?

Es braucht nicht viel. Da sind zwei Grad durchschnittlich wärmer schon sehr viel. Mehr Wärme kann auch mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Dadurch erhöht sich auch das Energiepotential beträchtlich.

Tritt das Pferd denn ganz überraschend aus? Will sagen: Wie zuverlässig ist der Wetterbericht?

Nehmen wir mal den für Bergsteiger gefährlichen Wettersturz. Streng genommen ist das nichts anderes als ein plötzlicher Temperaturrückgang um mehr als 10 Grad Celsius. Es gibt keine meteorologischen Modelle, die das nicht aufzeigen. Und das ist bereits seit 20 Jahren so. Ein Wettersturz kommt mit Ansage. So sicher wie das Amen in der Kirche.

Gibt es denn Stellen in den Alpen, an denen Wetterextreme häufiger auftreten als anderswo?

In den Alpen sind vor allem die Ränder gewitterträchtig. Wetterstein und Karwendel weisen durchschnittlich 35 Tage im Jahr Gewitter auf. Am Alpensüdrand kann das fast doppelt soviel sein. Rund um die Karawanken sind es 55 Tage. In Summe fast zwei Monate kein Tag ohne Gewitter. Auch die Dolomiten sind gewittriger als der Norden. In den Dolomiten fördert die Poebene und die dort 64 vorhandene feuchtwarme Luft aus dem Mittelmeerraum die Entwicklung von Wärmegewittern.

Was denken Sie denn nun übers Wetter von morgen?

Abgesehen von der Zunahme der Starkregen haben die Alpen nach wie vor das „beste Klima der Welt“. Gerade im Sommer werden in den Mittelgebirgslagen und darüber nur wenige oder gar keine heißen Tage oder schwüle Tage vorkommen. Nur die Esel fahren in die Hitze. Dennoch müssen wir mit nationalen, aber vor allem mit globalen Aktionen gegen die drohende Erwärmung vorgehen.

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