Vom Versager zum Wasi der Nation

von Redaktion

Wie unser Reporter den ersten Olympiasieg von Markus Wasmeier am 17. Februar 1994 in Lillehammer erlebte

München – Olympische Winter-Spiele sind auch für Reporter eine besondere Herausforderung. Vor allem, wenn sie zum ersten Mal dabei sind. So wie ich damals in Lillehammer. Und als Debütant war ich am 17. Februar 1994 ziemlich unvorbereitet darauf, dass bei klirrender Kälte alle Kugelschreiber ihren Geist aufgeben würden. Minus 21 Grad hatte es damals – Routiniers haben da Bleistifte dabei. Mir aber blieb im Zielraum nichts anderes übrig, als mit dem Kuli einige Schlüsselworte ins Papier zu ritzen. Das erste war: Juhaza.

So nannte Markus Wasmeier seinen bajuwarischen Freudenschrei, mit dem er seine Bestzeit im Super-G-Rennen feierte. Nun, es waren gerade erst vier Starter im Ziel, und so recht wollte unter den frierenden Medienschaffenden niemand daran glauben, dass der Gaudibursch aus Schliersee zur Skilegende werden würde, hier am Kvietfjell (weißer Berg). Später sollte Wasmeier seinen Juhaza wiederholen. Als feststand, dass er tatsächlich unglaubliches Gold gewonnen hatte.

Ein weiteres ins Papier geritzte Wort war: Reimschädl. Der Österreicher Armin Assinger, enttäuschender Elfter, tigerte nach dem Rennen wutschnaubend von Journalist zu Journalist und giftete immer wieder: „So a Reimschädl!“ Ein kärntnerisches Schmähwort – wohl am besten mit Duselbruder zu übersetzen. Gemünzt war es auf Wasmeier. Assinger, der später als TV-Moderator Karriere machen sollte, erklärte seinen Unmut so: „Des gibt’s net! Des ganze Jahr fahrt er hinter mir – und dann gwinnt der größte Reimschädel!“

Die Tage zuvor hatte sich Wasmeier nicht gerade als Glückspilz gefühlt. Nach Rang 36 in der Abfahrt war er als Totalversager abgestempelt worden. Im Zielraum hatte ihn ein Fotograf mit einem Lächeln abgelichtet, eine große Boulevardzeitung ätzte daraufhin mit der Titelzeile: „Da gibt’s nichts zu lachen, Wasi!“

Unvergessen für den Reporter ist, wie er am Abend darauf Markus Wasmeier im Deutschen Haus in Lillehammer erlebte. Während eine Band Faschingshits zum Besten gab, stand der blonde Mann wohl eine Stunde lang völlig allein an eine Säule gelehnt – es war, als ob eine Tabuzone um ihn herum bestehen würde.

Nur zwei Tage später schien Wasmeier im Deutschen Haus fast erdrückt zu werden vom Andrang der Gratulanten, die den Olympiasieger nun natürlich wahnsinnig toll fanden. Aus dem Verlierer war urplötzlich der Wasi der Nation geworden. So kann’s gehen im Leben. ARMIN GIBIS

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