München – Es ist ein ewiges Duell: Mecklenburg-Vorpommern mit seinen Ostseestränden und Bayern mit seinen hohen Alpen. Mecklenburg-Vorpommern hat seit drei Jahren die Nase vorn. 5,3 Prozent aller Urlaube über fünf Tage verbrachten die Deutschen 2018 in „Meckpomm“. Bayern kommt auf 4,7 Prozent. Kratzt das am bayerischen Ego? Und wie will Mecklenburg-Vorpommern seine Vormachtstellung behaupten? Ein sehr freundschaftliches Streitgespräch zwischen Wolfgang Wagner, Vize-Geschäftsführer von Bayern Tourismus, und Wolfgang Waldmüller, Präsident des Tourismusverbands Mecklenburg-Vorpommern.
Herr Waldmüller, Sie sind Münchner und zugleich Tourismuschef in Mecklenburg-Vorpommern. Wann haben Sie das letzte Mal in Bayern Urlaub gemacht?
Vor 14 Tagen. Da war ich in Ellmau zum Skifahren. Das ist zwar in Österreich, aber ich war vorher bei meiner Verwandtschaft in München. Von dort fahre ich immer nach Ellmau. Das ist ein Katzensprung von München.
Was würden Sie Besuchern, die nach Bayern kommen, empfehlen?
Bayern ist so facettenreich, da kann man sich nicht sattsehen. Ich würde auf jeden Fall die Berge empfehlen. Die kulturellen Traditionen, die in Bayern gelebt werden, muss man besuchen. Zum Beispiel das Oktoberfest.
Was findet man in Bayern nicht, aber in Mecklenburg-Vorpommern?
Strand. Wir punkten mit 1900 Kilometern Strandlandschaft, Nationalparks. Wir haben die Seenplatte im Binnenland. Wir haben auch Berge, die sind bei uns aber nicht so hoch. Der höchste ist 179 Meter. Das wäre in Bayern höchstens ein Hügel.
Herr Wagner, was sagen Sie dazu: In Bayern kann man ja trotzdem baden gehen, oder?
In Bayern kann man baden gehen, durchaus. Wir haben das Bayerische Meer mit dem Chiemsee, die oberbayerischen Seen, auch tolle Seen in Franken. Aber ich gestehe: Uns fehlt das echte Meer. Waldmüller: Da müsstet Ihr eine Wellenanlage bauen. Wagner: Die Wellenanlage haben wir schon – in München, im Eisbach. (Gelächter)
Herr Wagner, wo liegen die Stärken Bayerns?
Im Bereich Natururlaub. Da sind wir in Deutschland das Reiseziel Nummer eins. So wie Mecklenburg-Vorpommern es im Bereich Sonne, Strand, Meer ist.
Laut der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen hängt Mecklenburg-Vorpommern Bayern ab, wenn es um längere Urlaubsreisen geht.
Wagner: Mei, da bin ich ehrlich: Die Entwicklung ist nicht neu. Der Punkt ist: Das wichtigste Urlaubsreisemotiv der Deutschen ist Sonne und Strand. Bei Urlaubsreisen ab fünf Tagen schlägt uns Mecklenburg-Vorpommern leicht. Dafür haben wir im Kurzreisesegment elf Prozent Marktanteil, auch Tagesreisen sind stark. Im internationalen Geschäft sind wir vorn. Waldmüller: Um eine Nasenlänge. (lacht) Wagner: Im Bereich Urlaubsreisen gebe ich mich also gerne geschlagen.
Herr Waldmüller: Die Zahlen zeigen, dass Bayern bei den Übernachtungen weit vorne liegt. Wenn es aber um die Übernachtungen im Verhältnis zur Einwohnerzahl geht, ist diese bei Ihnen mit Abstand am größten. Stößt man da an Kapazitätsgrenzen?
Wir haben 1,6 Millionen Einwohner, 69 Menschen wohnen im Schnitt auf einem Quadratkilometer. So ergibt sich das Verhältnis zu den Urlaubern. Overtourism gibt es bei uns aber nicht, da passen wir auf. Das kann man mit Förderbedingungen regeln – dass zum Beispiel bestimmte Bettenkapazitäten nicht ausgebaut werden. Und wir müssen die ganze Saison bedienen können. Der Schwerpunkt auf die Hauptreisezeit im Sommer entzerrt sich langsam ein bisschen. Wir sind auf einem guten Weg.
Herr Wagner: Wo sind in Bayern die touristischen Hotspots, wo sind die Geheimtipps?
Bei uns ist das Städtethema stark gewachsen, allen voran München. Hotspots wie Neuschwanstein ziehen massiv Besucher an. Wir versuchen da bewusst gegenzusteuern, indem wir in allen Regionen authentische Menschen finden, die Botschafter ihrer Region sind. Wir fragen etwa eine Winzerin am Bodensee: Wenn du ein Wochenende frei hast, wo sind deine Lieblingsplätze in der Region? So kommen Orte vor, die normale Touristen nicht kennen. Natürlich ist klar: Je weiter der Gast von Bayern weg ist, desto mehr muss man die Klischees bedienen. Jemand aus China braucht keine Geheimtipps vom Bodensee. Allerdings kommt etwa ein Drittel der Urlauber aus Bayern selbst – und denen muss ich Bayern nicht mehr erklären.
Interview: Tom Nebe