7 FRAGEN AN
Schwarz-Rot galt vor einem Jahr als Notlösung. Wäre ein Jamaika-Bündnis besser für das Land gewesen? Darüber sprachen wir mit dem Ex-Parteichef der Grünen, Cem Özdemir, der bei den Sondierungen mit am Tisch saß.
Trauern Sie der gescheiterten Regierungsbeteiligung noch nach?
An uns ist Jamaika nicht gescheitert. Einer hat das „verlindnert“. Aber das ist Geschichte. Die Große Koalition allerdings ist aus der Not geboren, und das merkt man ihr leider auch an.
Soll heißen?
Es bewegt sich einfach zu wenig. Nehmen Sie den Klimaschutz: Es ist zwar gut, dass die Kohlekommission endlich ein Ergebnis vorgelegt hat. Angesichts des Streits über das Klimaschutzgesetz in der Großen Koalition muss man sich allerdings große Sorgen über die Umsetzung dieser Ergebnisse machen.
Rechnen sie mit einem vorzeitigen Bruch der GroKo?
Das ist Spekulation, darauf würde ich keine Wette annehmen. Aber wir leben in turbulenten Zeiten. Da kann auch schon mal ein Juso-Vorsitzender eine solche Koalition ins Wanken bringen.
Wie würden sich die Grünen verhalten, sollte die Kanzlerin ihr Amt vorzeitig aufgeben?
Das entscheidet der Bundesvorstand. Aber für uns ist klar: Wir stellen Parteiwohl nicht vor Landeswohl. Wir sind nicht die, die weglaufen, wenn es ernst wird.
Ein fliegender Wechsel der Grünen in eine rechnerisch immer noch mögliche Jamaika-Koalition ist nicht ausgeschlossen?
Schwierig. Gerade wenn ich mir manch populistisches Wettern bei der FDP gegen die EU oder jüngst gegen die demonstrierenden Schüler ansehe.
Was hätte „Jamaika“ besser gemacht als die GroKo?
Wir hätten sicherlich andere Akzente gesetzt – Stichwort wertegeleitete Außenpolitik – und beim Klimaschutz auf jeden Fall mehr erreicht. Natürlich wären CO2-Einsparungen im Verkehrsbereich, gar eine echte Verkehrswende mit Union und FDP kein Spaziergang geworden. Aber den Kohleausstieg hätten wir entschlossen umgesetzt und auch die Agrarwende angepackt.
Wäre Ihnen Schwarz-Grün lieber als „Jamaika“?
Schwarz-Grün ist rechnerisch aktuell möglich. Und eine Zweierkonstellation ist ja auch deutlich leichter zu händeln als eine Dreierkonstellation. Das ist privat genauso wie in der Politik. Es gibt jedoch kein schwarz-grünes Projekt, entscheidend sind die Inhalte.
Interview: Stefan Vetter