4 FRAGEN AN
Josef Kraus, 69, aus Ergolding bei Landshut war bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes (DL). Die „Fridays for Future“-Bewegung sieht er kritisch.
Haben Sie Verständnis dafür, dass fürs Klima Schule geschwänzt wird?
Ich habe nichts dagegen, dass Schüler für ihre Anliegen auf die Straße gehen. Das muss aber nicht während der Schulzeit sein. Es gibt eine gesetzlich vorgeschriebene Schulpflicht.
Hätten Sie in Ihrer Zeit als Schulleiter Strafen verhängt?
Bei einem einmaligen Fernbleiben des Unterrichts hätte ich es bei einer mündlichen Ermahnung belassen, beim zweiten Mal hätte ich einen schriftlichen Verweis erteilt. Bei Schülern, die regelmäßig freitags schwänzen, hätte ich es als Verstoß gegen das Schulpflichtgesetz den Jugendämtern gemeldet. Diese können im Falle einer Häufung Bußgelder erlassen.
Das klingt nach drastischen Maßnahmen.
Ich denke weiter. Wenn man das jetzt nicht in den Griff bekommt, kriegt man die Tür nicht mehr zu, wenn das andere Ausmaße annimmt, wenn plötzlich am Donnerstag während der Unterrichtszeit für Veganismus oder für die Streichung des Paragrafen 219 im Strafgesetzbuch demonstriert wird. Wir können doch nicht behaupten, eine Bildungsnation zu sein und einen Freitag nach dem anderen dem Unterrichtsausfall zur Disposition stellen. Ich würde mir wünschen, dass die 16 Kultusminister Flagge zeigen und ein klares Nein aussprechen – auch wenn die Bundeskanzlerin und der Bundespräsident das Engagement der Schüler gelobt haben.
Aber Klimaschutz ist doch wichtig.
Natürlich ist das Thema wichtig. Es sollte mehr im Unterricht behandelt werden, denn die ganze Debatte ist in meinen Augen momentan hysterisch. Ich würde gerne unter den demonstrierenden Schülern mal fragen, was der Unterschied zwischen Klima und Wetter ist. Wahrscheinlich können das 80 Prozent von ihnen nicht mal definieren.
Interview: Aglaja Adam