Eine Studiotour, die ploppt wie Popcorn

von Redaktion

Die Ausstellung „100 Jahre Bavaria Film“ erzählt kurzweilig von Stars wie Heinz Rühmann, Billy Wilder – und Fuchur

VON KATJA KRAFT

München – Jahrelang haben sie den Kostümfundus durchforstet. Irgendwo muss es doch hängen, das rot gepunktete Kleid. Unvergessen, wie Liselotte Pulver in Billy Wilders Komödie „Eins, Zwei, Drei“ (1961) darin auf dem Tisch tanzt, bis das Porträt von Chruschtschow von der Wand fällt. Auf dem dazugehörigen Filmplakat waren die Pünktchen rot. Erst, als Kurator Sven Femerling und den Fundus-Mitarbeitern bei der Vorbereitung der Schau „100 Jahre Bavaria Film“ ein schwarz gepunktetes Kleid in zweifacher Ausführung (einmal in der Größe Mann mit Luftballons im Dekolleté) in die Hände fällt, wird klar: Die Pulver war fürs Plakat nachkoloriert worden. Schwarz gepunktet hatte sie getanzt.

Geschichten wie diese gibt es Hunderte. Wie auswählen? Ein Jahr lang arbeitete sich Femerling durch die Archive, den Fundus, die wissenschaftliche Literatur. Herausgekommen ist eine Ausstellung, die Lust auf die kunterbunte Welt des Films macht.

Beeindruckend zu sehen, welche Filme, Shows und Serien hier entstanden sind. Schwärmerisch stimmend, wie viele (internationale) Schauspielstars auf dem Gelände gearbeitet, ja manche sogar gewohnt haben. Heinz Rühmann beispielsweise. Der hat sich nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine Zeit lang in einer kleinen Holzhütte einquartiert. Nicht weit von ihm entfernt die berühmte Stummfilm-Diva Lil Dagover – die gleich bis zu ihrem Tod 1980 in einem Bungalow am Rande der Studiohallen lebte. Das Gelände war ein sicherer Ort im zerstörten Deutschland; keine Bombe hatte das Areal im Krieg getroffen.

Klar könnte man sich das alles vom Audio Guide oder den Informationstafeln, die neben den vielen ausgestellten Fotos hängen, erzählen lassen. Doch wir befinden uns hier auf dem Filmpark-Gelände – genauso klar, dass eine Ausstellung hier selbst zur Attraktion wird. Und neue Medien nutzt, um alten Geschichten wieder Leben einzuhauchen. Wichtigste Info deshalb für die jungen Besucher: Das WLAN ist kostenlos. Das wird bei der Tour durch die Schau, für die man etwa zwei Stunden Zeit einplanen sollte, auch ordentlich gefordert. Bei Fuchur beispielsweise, noch immer dem Zuschauermagnet auf dem Gelände. Der Glücksdrache aus Wolfgang Petersens Verfilmung von Michael Endes „Unendlicher Geschichte“ liegt gemütlich vor einem Green Screen. Wer sich die App der Ausstellung herunterlädt, kann sich auf Fuchur filmen lassen – wie durch Zauberhand erscheint auf dem Smartphone-Display ein wolkiger Himmel, wo vorher giftgrüne Farbe war.

Ein paar Klicks weiter führt Sepp Schauer virtuell durch das Studio, in dem „Sturm der Liebe“ gedreht wird. Und um auch die Kleinsten bei Laune zu halten, sind überall im Ausstellungsraum Bavaria-Maskottchen versteckt, die sich digital finden lassen. Geschichte serviert in Popcorn-ploppenden Häppchen – das schmeckt den Filmfans.

„100 Jahre Bavaria Film“

Mo. bis Fr. von 10 bis 18 Uhr im Filmstadt-Atelier auf dem Bavaria-Gelände. Der Besuch ist im Filmstadt-Komplett-Ticket für 27,50 Euro (ermäßigt: 22 Euro) enthalten. Wer nur die Schau besuchen möchte, kann ein Jahresticket für 20,19 Euro oder ein Einzelticket (13, ermäßigt 11 Euro) kaufen. Der lesenswerte Katalog kostet 24,95 Euro.

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