E-Zigarette & Co. – die neuen Suchtmaschinen

von Redaktion

Lungenärzte warnen: E-Zigaretten bieten keinen Weg aus der Sucht. Wer das Rauchen aufhören will, sollte eher zu anderen Mitteln greifen. Denn das Dampfen führt meist zu einer neuen Abhängigkeit. Und es ist auch ungesund. Warum? Das erklären wir hier. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Sind E-Zigaretten wirklich so harmlos?

Nein! Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), warnt: „Die Risiken von elektrischen Zigaretten sind nicht zu unterschätzen.“ Die Inhalation des Dampfs nikotinhaltiger E-Produkte mache abhängig, das Nikotin belaste als Zellgift den Körper und schade vor allem dem Herz-Kreislauf-System.

Hauptbestandteile von E-Zigaretten sind Propylenglykol, Glyzerin, Aromen und Nikotin. „Diese Inhaltsstoffe sind zwar für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen – abgesehen von Nikotin natürlich. Das bedeutet aber nicht, dass sie bei Inhalation harmlos sind“, heißt es beim Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). „Derzeit ist unbekannt, welche Folgen eine langfristige Inhalation hat.“

In E-Zigaretten wird eine aromatisierte, meist nikotinhaltige Flüssigkeit, „Liquid“ genannt, erhitzt und das entstehende Aerosol inhaliert. Das Aerosol besteht aus feinsten Flüssigkeitspartikeln. Weil es verschiedene Modelle von E-Zigaretten gibt, unterscheiden sich auch die Eigenschaften des Aerosols. Es lassen sich deshalb keine eindeutigen Aussagen für alle Produkte machen.

Inwiefern sind sie gesundheitsschädlich?

Tierversuche und Studien am Menschen zeigen, dass der Dampf das Gewebe in den Bronchien und die Lungenbläschen krankhaft verändert. Laut Deutschem Krebsforschungszentrum können beim Erhitzen krebserzeugende Stoffe wie Formaldehyd, Chrom und Nickel entstehen. Auch möglicherweise krebserregende Stoffe wie Acetaldehyd und Blei stecken im Dampf. „Da die E-Zigarette erst einige Jahre auf dem Markt ist, gibt es aber noch keine Langzeitstudien zu ihren gesundheitlichen Auswirkungen. Es hat ja auch über 50 Jahre gedauert, die Folgen des Tabakrauchens zu untersuchen“, sagt Professor Stefan Andreas, Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen bei Göttingen. „Tabakkonzerne haben ihren Markt durch die E-Zigarette erweitert, um eine größere Zielgruppe an sich zu binden. Schließlich hat die Industrie kein Interesse daran, ihren Absatz durch eine erfolgreiche Rauchentwöhnung zu verringern.“

Sind E-Zigaretten ein Ausweg aus der Sucht?

Eher nicht. Das Dampfen könne zwar helfen, zeitweise auf Tabak zu verzichten, sagt Experte Stefan Andreas. Aber es führe in eine neue Abhängigkeit, deren Folgen man noch nicht abschätzen könne. „Wer E-Zigarette raucht, ist keineswegs abstinent – er ersetzt die eine Abhängigkeit durch eine andere.“ Studien zeigen, dass 80 Prozent der E-Raucher, denen es gelungen ist, auf Tabak zu verzichten, nach einem Jahr immer noch regelmäßig E-Zigaretten inhalieren. Eine weitere Analyse von knapp 40 Studien belegt: Die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Raucher-Entwöhnung ist mit E-Zigaretten um 28 Prozent niedriger als ohne. Und: Viele Raucher, die auf die E-Zigarette umsteigen, kehren langfristig zur Tabakzigarette zurück.

Sind Tabakerhitzer die bessere Alternative?

Nein – weder bei der Raucher-Entwöhnung noch für die Gesundheit. Die Tabakerhitzer – „Heets“ genannt – können Lunge und Leber schädigen. Das fanden unabhängige Wissenschaftler heraus, die die Studien der Hersteller dahingehend analysiert haben.

Zwar gelten Heets als bessere Alternative zur Zigarette, weil hier der Tabak nicht verbrannt, sondern bei etwa 350 Grad erhitzt wird und auch keine Asche entsteht, sondern Dämpfe, die weniger Schadstoffe enthalten als Zigarettenrauch. Aber bislang gibt es nur wenige unabhängige Studien zu den Gesundheitsrisiken; die meisten Studien wurden von Tabakkonzernen finanziert. „Das ist der neue Trick der Tabakindustrie“, sagte Dr. Tobias Rüther, Leiter der Tabakambulanz am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, dem Bayerischen Rundfunk. „Es ist so, dass sie uns mit Ergebnissen zuschütten – und wir müssen das erst mal nachkochen.“ Der Tabak-Konzern Philip Morris soll mehr als drei Milliarden Euro in die Entwicklung und Vermarktung seines Tabakerhitzers „Iqos“ gesteckt haben – unter anderem in besagte Studien.

Erst seit 2017 untersucht auch das Bundesamt für Risikobewertung die Tabakerhitzer. Ergebnis: Ja, aus den Erhitzern strömen weniger Schadstoffe als aus herkömmlichen Zigaretten; gemeint sind Substanzen wie Formaldehyd oder Benzol. Trotzdem entstehen diese Stoffe und können Krebs auslösen. Im Vergleich zur E-Zigarette gelten Heets als gesundheitsschädlicher.

Warum sind „Heets“ dennoch so gefragt?

Heets kosten ähnlich viel wie normale Zigaretten. Die Ersparnis kann es also nicht sein. Dahinter stecke eine bewusste Strategie, sagt Suchtforscher Professor Heino Stöver im WDR: „Iqos versucht, Tabakerhitzer als Lifestyle-Produkt zu lancieren, für den aufgeklärten, bewussten Raucher.“ Und weil Iqos nun mal steuerrechtlich nicht als Zigarette, sondern als Pfeifentabak eingeordnet wird, finden sich auf den Packungen auch keine „Schock-Bilder“.

Das gilt in gewisser Weise auch für E-Zigaretten: Die süßen Aromen der nikotinhaltigen Liquids, in Geschmacksrichtungen wie Mango, Bubblegum oder Cola, können den Eindruck vermitteln, es handle sich um harmlose Lifestyle-Produkte (siehe Artikel rechts). Die dauerhafte Raucher-Entwöhnung klappt also weder mit E-Zigaretten noch mit Tabakerhitzern – mit letzteren sogar schlechter: „Mit Iqos kann man nicht sehr gut aufhören, weil die Nikotinanflutung, also die Geschwindigkeit, mit der das Nikotin im Gehirn ankommt, einfach zu hoch ist“, sagt Experte Rüther. „Iqos ist ein sehr süchtig machendes Produkt.“

Wie sieht es mit Shishas aus?

Das Rauchen von Wasserpfeifen, sogenannten Shishas, liegt im Trend, aber: „Viele Menschen unterschätzen die Gefahren der vermeintlich gesunden Zigaretten-Alternative“, so der Lungeninformationsdienst. Eine Wasserpfeifensitzung dauert 30 bis 60 Minuten. Dabei nehmen die Shisha-Raucher bis zu fünf Milligramm Nikotin auf. Dies ist vergleichbar mit dem Rauchen von zehn Zigaretten. Das eingeatmete Rauchvolumen entspricht sogar dem von 100 Zigaretten. Das Argument, der Rauch würde durch das Wasser verdünnt und gereinigt, ist falsch: Unterm Strich werde der Rauch nur gekühlt, sagen Experten.

Was hilft wirklich beim Rauchstopp?

Rauchen ist für ein Fünftel aller Krebserkrankungen verantwortlich. Auch Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Schlaganfälle oder chronische Bronchitis lassen sich oft darauf zurückführen. Ein starker Raucher stirbt im Schnitt zehn Jahre früher als ein Nichtraucher. Alles Argumente zum Aufhören. Tobias Rüther von der Tabakambulanz sagt: „Wer schon nach dem Aufstehen die erste Zigarette braucht, sollte sich beraten lassen.“ Mit dem Fagerström-Test lässt sich bestimmen, wie nikotinabhängig man ist (www.rauchfrei-info.de).

Zudem gibt es Entwöhnungskurse. Die Kurse, die die Tabakambulanz anbietet, sind wissenschaftlich erprobt; die Kassen übernehmen einen Teil der Kosten. In Apotheken gibt es nikotinhaltige Pflaster, Kaugummis oder Sprays. Sie lindern den Entzug. „Es ist wichtig, diese Mittel lange genug zu nehmen“, sagt Rüther. Er rät zu zwei bis drei Monaten. Starken Rauchern hilft die verschreibungspflichtige „Pille gegen das Rauchen“. Der Wirkstoff darin dockt im Gehirn so an Nikotin-Rezeptoren an, dass der Nikotin-Kick der Zigarette ausbleibt. Zusammengestellt von Barbara Nazarewska

Artikel 2 von 3