München – Sie war Diva, Ehefrau und Mutter. Rebellin und Kommissarin. Dabei war es das Leben selbst, das der Schauspielerin die größte Bühne bot. Denn egal, wo die 76-Jährige auftauchte – Hannelore Elsner zog ihre Mitmenschen mit ihrer Sinnlichkeit in ihren Bann.
Im oberbayerischen Burghausen aufgewachsen, zieht es Elsner schon früh auf die Bühne. Volkstheater, Kleine Komödie, Kammerspiele. Die Frau mit den schwarzen Haaren und dem bohrenden Blick beweist Biss und Talent. Und das, obwohl ihr Leben zu diesem Zeitpunkt alles andere als harmonisch verläuft. 1945 muss sich Elsner von ihrem geliebten Bruder verabschieden. Für immer. Schließlich fiel der zwei Jahre ältere Mann am Ende des Zweiten Weltkriegs einem Tieffliegerangriff zum Opfer. Fünf Jahre später schlägt der Tod eine weitere Kerbe in Elsners Leben: Ihr Vater stirbt an Tuberkulose. Was bleibt, ist die Erinnerung. Ein dunkles Loch sowie ein merkwürdig schauerliches Gefühl von Besonderheit. So beschreibt die Schauspielerin ihr Gefühlsleben selbst in ihrer Autobiografie, die 2011 auf dem Markt erscheint.
Jetzt schloss Hannelore Elsner im Isarklinikum an der Sonnenstraße in München für immer die Augen. Sie erlag am Ostersonntag im Alter von 76 Jahren einem Krebsleiden. Nur wenige waren über ihren dramatischen Gesundheitszustand eingeweiht, auch das medizinische Personal bemühte sich um äußerste Diskretion. So wurde die Patientin in dem Krankenhaus öffentlich nicht unter ihrem echten Namen geführt, sondern unter einem Psyeudonym – eine gängige Praxis in Kliniken, in denen öfter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens behandelt werden. Bis zuletzt wollte Hannelore Elsner nur eins: arbeiten.
Trotz ihrer schweren Erkrankung steht sie für einen neuen ARD-Spielfilm mit dem Titel „Lang lebe die Königin“ vor der Kamera. Darin spielt sie an der Seite von Günther Maria Halmer eine erfolgreiche Moderatorin und nicht immer ganz so erfolgreiche Mutter, die dringend eine Spenderniere braucht. Wie ein Vollprofi meistert sie die Rolle der sterbenskranken Frau, ohne den Kollegen von ihrem eigenen Schicksal zu erzählen. Auch Halmer nicht. Seine Hoffnung, dass sie noch mal zum Set zurückkehrt, um den Film fertig zu drehen, erfüllt sich nicht. „Mehr kann ich nicht dazu sagen“, sagt er der „tz“ . Das Ende der Dreharbeiten, die kurz vor dem Abschluss stehen, erlebt die leidenschaftliche Charakterdarstellerin nicht mehr. Als sich ihr Zustand weiter verschlechtert, muss Elsner in eine Münchner Klinik eingeliefert werden. Ihre Hoffnung, die letzten Szenen noch abzudrehen, erfüllt sich nicht. So prägt der Tod das Ende wie den Anfang ihrer Karriere.
Um ihre Trauer nach dem Tod des Vaters und des Bruders zu bewältigen, schlüpft die junge Frau in verschiedene Rollen. 1964 unterhält sie das Münchner Theaterpublikum in Alfonso Pasos Lustspiel „Schöne Geschichten“ mit Papa und Mama. Zwei Jahre später steht sie gemeinsam mit dem bekannten Schauspieler und Synchronsprecher Georg Thomalla auf der Bühne. Hannelore Elsner fällt auf. Sie begeistert, fesselt, fasziniert – schon damals. Daher dürfte es auch niemanden gewundert haben, dass die junge Frau bereits mit 17 Jahren ihr Filmdebüt feiert. Zwei Jahre später, 1961, gelingt ihr der Durchbruch auf der Kinoleinwand – mit gestreiftem Rock und rassiger Walle-Mähne, als „Das Mädchen mit den schmalen Hüften“. Spätestens von diesem Zeitpunkt an ist Hannelore Elsner nicht mehr aus der deutschen Film- und Fernsehgeschichte wegzudenken.
Aber: Mit den Aufträgen steigen auch die Ansprüche. Ihre Agentin soll ihr zu Beginn ihrer Karriere geraten haben, sich ihre Nase verschmälern zu lassen, eine Zahnspange zu tragen und sich einen Künstlernamen zuzulegen. Elsner lehnte ab. Einzig und allein das „t“ in ihrem Geburtsnamen Elstner musste weichen. Die Schauspielerin beschloss, sich selbst treu zu bleiben, sich von nichts und niemandem verbiegen zu lassen. Die Regisseure und Drehbuchautoren, so scheint es oft, passten ihre Figuren stattdessen der Schauspielerin an, schneiderten Elsner ihre Rollen quasi auf den Leib. Ausdrucksstarke Frauen, temperamentvolle Kämpferinnen, nikotinsüchtige, tablettenabhängige Draufgängerinnen.
Sie brillierte in allen Rollen.