„Wir müssen in Kinder investieren“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Helfen, forschen, heilen: Darauf komme es im Haunerschen Kinderspital ganz besonders an, sagt Privat-Dozentin Dr. Bärbel Lange-Sperandio. Sie ist Leiterin der Kinder-Nephrologie. Und sie weiß: All das kostet nicht nur viel Zeit – es rechnet sich finanziell meist auch nicht.

Kinder sind die Zukunft – aber in Kinderkliniken will niemand investieren. Was läuft da schief?

Eine Menge! Fakt ist: Damit wir die Qualität unserer Behandlungen erhalten können, brauchen wir Ressourcen. Sprich: mehr Ärzte, mehr Pflegekräfte, vor allem aber ein anderes Vergütungssystem.

Was genau stimmt an dem jetzigen nicht?

Vereinfacht ausgedrückt: In diesem System können wir letztlich nur eine Hauptdiagnose abrechnen – zum Beispiel „extremes Frühchen“. Alles andere wird kaum bis gar nicht vergütet. Das geht an der Realität vorbei. Was passiert denn, wenn beim besagten Frühchen massive Darmprobleme auftreten und eine OP nötig wird? Oder ein Gendefekt die Nieren nachhaltig schwächt? Je jünger die Babys sind, umso fragiler sind sie – und umso mehr Komplikationen treten auf.

… die der Klinik Mehrkosten verursachen?

Und auf denen wir, salopp ausgedrückt, sitzen bleiben. Aber was ist die Alternative? Die Kinder nicht weiter zu behandeln? Alle Kinderkliniken arbeiten sich ins Minus, schon seit Jahren! Aber das ist nicht unsere Schuld.

An was liegt es?

Vor allem daran, dass Kinder keine berechenbaren Patienten sind – und das ist auch völlig legitim. Nur: Man muss akzeptieren, dass dann bei Kindern vieles länger dauert, allein schon das Blutabnehmen. Und: dass die Behandlungen mehr Aufwand nach sich ziehen, weil wir zum Beispiel den älteren Kindern, die einiges verstehen, die Dinge auch kindgerecht erklären müssen. Manche Krankheiten verlaufen bei Kindern auch zum Teil viel schwerer als bei Erwachsenen. Das wiederum erfordert eine völlig andere Herangehensweise.

Was ist die Lösung all dieser Probleme?

Inzwischen haben sich viele Länder von einem starren Vergütungssystem im Bereich der Kindermedizin verabschiedet. Das sollten wir uns zum Vorbild nehmen. Wir müssen in Kinder investieren, statt an ihnen zu sparen! Es kann doch nicht sein, dass Säuglingsstationen als eine der ersten Stationen geschlossen werden, weil sie den Kliniken nicht genug Umsatz bringen. Wir sollten hier mal ganz grundsätzlich unsere Haltung überdenken. Interview: Barbara Nazarewska

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