6 FRAGEN AN
Franz Maget, 65, war viele Jahre lang das Gesicht der bayerischen SPD.
Herr Maget, vielen unserer Leser dürften Sie als SPD-Politiker in Erinnerung sein. Warum führen wir heute ein Gespräch über Ägypten?
Nach meinem Ausscheiden aus dem Landtag 2013 habe ich mir eine neue Aufgabe gesucht und war als Sozialreferent von Dezember 2015 bis Mai 2018 zweieinhalb Jahre lang an den deutschen Botschaften in Tunis und Kairo tätig.
Wie ist Ihr Eindruck von der Situation in Kairo?
Kairo ist eine der größten Städte dieser Welt mit vielleicht 25 Millionen Einwohnern – keiner weiß das so genau. Es gibt dort eine Fülle ungelöster Probleme.
Welche sind die größten?
Die enormen Verkehrsprobleme, die schlechte Luft, die Armut. Mit den Problemen europäischer Metropolen ist das alles schwer vergleichbar. Und dazu kommt das ständige Wachstum der Bevölkerung.
Was bedeutet das für die Menschen?
Sie alle brauchen Platz zum Leben. Doch der bewohnbare und landwirtschaftlich nutzbare Teil Ägyptens ist relativ klein. Wenn nun landwirtschaftliche Flächen zunehmend überbaut werden, entzieht sich das Land selbst seiner Ernährungsgrundlage. Deshalb ist Ägypten schon heute einer der größten Nahrungsmittelimporteure der Welt. Und das vielleicht gravierendste Problem: Für die schier unendlich große Zahl junger Menschen können nicht ausreichend Arbeitsplätze geschaffen werden.
Wie kann das Land diese Probleme in den Griff kriegen?
In Ägypten weiß man gar nicht, wo man zuerst ansetzen soll. Ich glaube, der Schlüssel für eine bessere Zukunft läge vor allem in der Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft, sowie in der Veränderung der Familienplanung und der Familienstrukturen. Beides ist aber nicht nur eine politische, sondern auch eine kulturelle Herausforderung. Auch das Problem der eklatanten Umweltzerstörung muss angepackt werden.
Halten Sie auch eine Flüchtlingswelle aus Ägypten für möglich?
Angesichts der Lebensverhältnisse und der Perspektivlosigkeit für junge Menschen überrascht es, dass Ägypten bisher nicht zu den Haupt-Fluchtländern Afrikas gehört. Viele Ägypter glauben noch an eine Zukunft in ihrem Land. Zudem tut die ägyptische Regierung viel, um illegale Flucht aus dem Land zu verhindern. Aber angesichts solch großer Probleme muss man immer damit rechnen, dass Menschen ihre Zukunft woanders suchen.
Interview: Sebastian Horsch