„Wir sehen oft nur das Negative“

von Redaktion

6 FRAGEN AN

Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, spricht über die Bedeutung der Europäische Union für seinen Berufsstand und erklärt, warum er sie trotz mancher Ärgernisse für unverzichtbar hält.

Herr Heidl, wie profitieren Bayerns Bauern von der EU?

Zunächst profitieren alle Bürger davon, dass wir seit 74 Jahren Frieden haben in Europa. Für uns Landwirte sind natürlich auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen entscheidend. Der EU-Binnenmarkt ist ein wichtiger Absatzmarkt für uns. 80 Prozent unserer Exporte gehen in EU-Länder.

Und dann gibt es ja noch die europäische Agrarförderung.

Landwirte in Europa müssen bei der Produktion höhere Standards einhalten als Bauern außerhalb der EU. So entstehen höhere Kosten, die über die Direktzahlungen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU ausgeglichen werden.

Wie viel Geld fließt da pro Jahr nach Bayern?

Rund eine Milliarde Euro – mittlerweile verstärkt in kleinere Betriebe über die Förderung der ersten Hektare. Außerdem gibt es etwa Fördergelder für Junglandwirte oder Agrarumweltprogramme, die sich aus Mitteln von EU, Bund und Ländern speisen. Da kommt noch mal etwa eine halbe Milliarde zusammen. Insgesamt ergibt das grob geschätzt die Hälfte des Einkommens der bayerischen Bauern.

Umfang und Verteilung dieser Förderung sind umstritten.

Uns wäre auch am liebsten, wenn wir unser Einkommen allein mit dem Verkauf unserer Produkte erzielen könnten. Aber solange die Billigimporte neben unseren Produkten an der Theke liegen und der Verbraucher nicht bereit ist, die zusätzlichen Kosten für regionale Ware zu bezahlen, können wir auf diese Zahlungen nicht verzichten.

Verbesserungsbedarf gibt es aber trotzdem?

Natürlich. Die Bürokratie ist immer aufwendiger geworden. Hier bräuchten wir einen Befreiungsschlag. Auch ließe sich die Förderung für kleine und mittlere Familienbetriebe weiter verbessern. Und natürlich muss darauf geachtet werden, dass sich alle Mitgliedsstaaten an die Spielregeln halten und nicht nur Deutschland der Musterknabe ist.

Über Brüssel wird gerne geschimpft. Zu Unrecht?

Wir neigen doch alle – nicht nur die Bauern – dazu, oft nur das Negative zu sehen. Vielleicht sollten wir öfter mit unseren Großeltern reden und sie fragen, was hier vor 80 Jahren los war. Das steht über allem. Und dann können wir uns über Details streiten.

Interview: Dominik Göttler

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