Hunderte Tote – die letzten Tage der Revolution

von Redaktion

München – Das Ende war grausam: Mindestens 600 Anhänger der Münchner Räterepubliken, wahrscheinlich aber weit mehr, wurden bei den mehrtägigen Revolutionskämpfen in München und Umgebung ab Ende April 1919 getötet. „Überall zogen lange Reihen verhafteter, zerschundener, blutiggeschlagener Arbeiter mit hochgehaltenen Armen“, schreibt Oskar Maria Graf in seinem Zeitzeugenbericht „Wir sind Gefangene“. „Feine Damen verabreichten heldenmütige Ohrfeigen, Bürgerwehrler versetzten hinterlistige Püffe und die Lebemänner lächelten beifällig. Niemand verwehrte es ihnen.“ In der Leichenhalle des Ostfriedhofs wurden die Opfer der Kämpfe dicht an dicht niedergelegt.

Auch wenn die Kämpfe spätestens ab dem 5. Mai 1919 vorbei waren, stand die Stadt auch in den Wochen danach unter dem Eindruck der heftigen Kämpfe. Schon die durch Beschuss entstandenen Gebäudeschäden etwa rund um den Stachus und am Stiglmaierplatz erinnerten an die Niederschlagung der Revolution. Danach begann – häufig vergessen – die juristische Aufarbeitung der Revolution durch eine scharf nach rechts gewendete bayerische Justiz.

Mehrere tausend Personen blieben mindestens einen Tag in Haft, Münchner Standgerichte fällten in einer Prozesslawine über 3400 Urteile wegen der Beteiligung an den Räterepubliken. Die Verurteilung ihrer Anführer Silvio Gesell, Erich Mühsam und Arnold Wadler im Juli war Tagesgespräch, ebenso die Hinrichtung von sechs „Geiselmördern“, die für die Erschießung von zehn Gefangenen (zum Teil Mitglieder der rechtsextremen Thule-Gesellschaft) im September 1919 büßen mussten.

Ein gewisser Abschluss war der Prozess im Januar 1920 gegen den Mörder von Kurt Eisner, Graf Arco, der zunächst zum Tode verurteilt, am Tag darauf jedoch zu lebenslanger Haft begnadigt wurde. Zwei Monate später, im März 1920, kam es im Gefolge des Kapp-Putsches in Bayern zu einem Regierungswechsel: Für Ministerpräsident Johannes Hoffmann (SPD) gelangte der ultrakonservative und antisemitisch gesinnte Regierungspräsident von Oberbayern, Gustav von Kahr, ins Amt. Ein Jahr nach der Revolution hatte sich die Politik ins glatte Gegenteil verkehrt.  dw

Standgerichte fällten in einer Prozesslawine über 3400 Urteile

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