Elektro-Scooter – Wir machen den Test

von Redaktion

Seit Samstag sind Elektro-Tretroller oder E-Scooter, wie sie auch heißen, in Deutschland erlaubt. Bis zugelassene Roller in die Läden kommen, dürfte es noch ein paar Wochen dauern. Die „Pedalhelden“ in München verleihen bereits zugelassene E-Scooter. Ein Praxis-Test.

VON WOLFGANG HAUSKRECHT

München – Es ist ein skurriler Ort. An der Marsstraße 11 steht ein Parkhaus, Autoverleiher haben hier Rückgabestationen. Autos kurven hinein und hinaus. Es riecht nach Benzin. An der Einfahrt steht aber auch die Mobilität der Zukunft. Rikschas, Radl, E-Bikes, E-Roller. Die „Pedalhelden“ haben sich eingemietet, sozusagen Auge in Auge mit der Konkurrenz. Und hier stehen sie, Münchens erste E-Tretroller. Der „Moover“ der Firma Metz erfüllt alle Auflagen. Bei den Pedalhelden kann man sich die tretfreien Tretroller ausleihen.

Chef Dominic Staat hat das Unternehmen vor 20 Jahren gegründet. Seine Vision der abgasfreien Mobilität hat sich seitdem rasant verbreitet. E-Tretroller sollen der nächste Baustein sein. In Wien, Kopenhagen und Paris sind sie längst unterwegs. Die E-Scooter sind aber umstritten. Viele halten sie für gefährlich. Also haben wir beschlossen, es mal selber auszuprobieren.

Dominic Staat fährt eine Runde vor, dann geht es los. Der „Moover“ sieht stabil aus und nach wenigen Metern ist klar: Wer keine Probleme mit der Balance hat, kommt schnell zurecht. Ein bisschen anschieben, Gas geben. Der „Moover“ zieht ab, die 20 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit sind ruckzuck erreicht. Die Bremsen gehen nicht allzu hart. Das ist gut, weil man keinen Überschlag riskiert. Eine erste Testvollbremsung zeigt aber auch: der Roller gerät schnell ins Rutschen – Sturzgefahr.

Auf dem Radweg geht es flott dahin. Freilich ist mancher Radler flotter und überholt – mit reiner Muskelkraft. Das ist ein wenig frustrierend. Also brav mitfahren, lautet die Devise. Immerhin zieht der Roller gut ab – an der Ampel ist man König.

In der Innenstadt endet der Radweg. Ab auf die Straße. Zwischen den Autos ist das Gefühl weniger entspannt. Vor allem Senioren und alle, die die Verkehrsregeln nicht gut kennen, dürften sich unsicher fühlen. Besonders heikel: Es gibt keinen Blinker, und den Roller beim Abbiegen mit ausgestrecktem Arm einhändig zu fahren, empfiehlt sich nicht. Extreme Sturzgefahr! Bei den Pedalhelden überlegt man deshalb, Blinker nachzurüsten. Serienmäßig gibt es solche Nachrüstsätze bisher nicht. Es ist auch ein Moment, in dem man sich einen Radhelm wünschen würde. Die sind nämlich nicht Pflicht und wir haben für den Test bewusst darauf verzichtet.

Rund um den Marienplatz ernte ich neugierige Blicke. „Die sind noch gar nicht genehmigt“, ruft einer. Stimmt nicht. Der hier schon. Vor allem Kinder gucken interessiert. In Ihren Augen kann man lesen, was sie denken: „Hey Mama, wieso hat der alte Mann einen Roller, der selber fährt, und ich nur einen zum treten?“ Weil du noch zu klein bist, hätte ich gerne geantwortet – aber ich bin schon vorbei. E-Tretroller sind erst ab 14 Jahren erlaubt. Vor der Ludwig-Maximilians-Universität mache ich Halt – und eine interessante Erfahrung. Viele junge Leute finden den Roller gar nicht toll. „Das sind ja keine Blinker dran“, sagt einer. „Das ist gefährlich.“ Mehrere Studenten fordern eine Helmpflicht, andere bezweifeln den ökologischen Nutzen. „Keiner denkt an die Akkus – von wegen wir retten die Umwelt.“

Dominic Staat will da gar nichts beschönigen. Die Akkus müssen hergestellt und entsorgt werden. Seltene Erden werden benötigt. „Man muss eine ehrliche Rechnung aufmachen und schauen: Wo und wie werden die Akkus produziert“, sagt er. Der Akku hält nicht ewig und ist fest verbaut. Heißt: Wenn der Akku schlapp macht, kann man den ganzen Roller entsorgen.

Englischer Garten. Hier macht es richtig Spaß. Der Roller ist leise, stört niemanden. Er fährt auch auf unbefestigten Wegen gut. Ausweichen ist kein Problem – wenn man etwas Rücksicht nimmt. Am Kleinhesseloher See schwimmen Gänse neugierig heran. Haben sie auch noch nie gesehen, so ein Ding. Die Parkgäste nehmen mich gelassen. Keiner regt sich auf.

Schütteltest. Der Metz Moover hat 12-Zoll-Luftreifen, damit kommt man gut über Unebenheiten und flachere Bürgersteige. Auf Kopfsteinpflaster aber hilft das nichts. Der ganze Körper vibriert, jeder Stein sagt Grüßgott. Wer da nicht die nötige Kraft hat, hat ein Problem, Kurs zu halten.

Finale im Olympiapark. Hügelig ist es hier, ideal für den Härtetest. Kleinere Steigungen schafft der Moover, dann gehe ich richtig steil – der Roller kapituliert. 250 Watt Leistung sind zu wenig. Steigungen saugen dem Roller regelrecht den Saft raus. Ich kam mit halb vollem Akku und verlasse den Park auf Notstrom. Der Moover ist ein Flachlandbewohner.

Rückweg. Der Akkustand ist auf Null, aber der Roller fährt noch. Das Parkhaus taucht auf, hinein – und vorbei. Sozusagen auf der letzten Ione ins Ziel gerollert.

Das Fazit? Gute Frage! Wer ungern Fahrrad fährt, für den mag ein E-Tretroller ein Ersatz sein. Die 15 bis 20 Kilometer Reichweite schränken die Nutzung aber stark ein. Und Gepäck kann man nur im Rucksack mitnehmen. Ob das ein Hype wird, bleibt abzuwarten. Vermutlich bei Touristen. Sightseeing ganz bequem, das funktioniert. Und ich? Ich bleibe beim normalen Fahrrad – vorerst.

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