Riad/Washington – Die dichten Rauchschwaden über den Ölanlagen in der saudischen Wüste glichen einer bösen Warnung. Bis zu 150 Kilometer weit breiteten sie sich aus und erinnerten das Königreich daran, wie verwundbar die Quellen seines Reichtums sind. Mehrere Einschläge trafen am Wochenende das Zentrum der saudischen Ölindustrie im Nordosten des Landes. Zu den genauen Schäden schwieg die Führung in Riad. Doch sie sind groß genug, um die Monarchie zu schocken und die Ölpreise in die Höhe schießen zu lassen.
Mit den Angriffen erreicht der Konflikt des saudischen Königreichs mit seinem schiitischen Erzfeind Iran auf der anderen Seite des Golfs eine neue Eskalationsstufe. Schon häufiger war Saudi-Arabien in den vergangenen Monaten angegriffen worden, aber bisher nicht so massiv. Wieder einmal bekannten sich die mit dem Iran verbündeten Huthi-Rebellen aus dem Jemen dazu. Doch kamen die Angriffe wirklich von dort?
Die US-Regierung geht laut einem Bericht der „New York Times“ davon aus, dass sie aus der entgegensetzten Himmelsrichtung verübt wurden: aus dem Iran oder dem Irak. Außenminister Mike Pompeo machte dann sogar explizit den Iran verantwortlich. Donald Trump aber hielt sich zurück. Am Sonntag hatte der Präsident zwar auf Twitter einmal mehr martialisch formuliert, man sei „gesichert und geladen“ und warte auf Hinweise aus Saudi-Arabien, wie denn nun weiter vorgegangen werden solle und wer hinter der Sache stecke. Auffällig jedoch, dass er – der im Atomstreit unbedingt Teheran wieder an den Verhandlungstisch für einen neuen „Deal“ bringen will – das Wort „Iran“ vermied. Im Weißen Haus sagte er gestern, er würde einen solchen Konflikt „sicherlich vermeiden wollen“.
Seine Regierungsmitarbeiter lehnten sich da – teilweise anonym – schon weiter aus dem Fenster. Sie verwiesen darauf, dass Teheran in der Region über ein dicht geknüpftes Netz an Verbündeten verfügt, die in Irans Sinne handeln und als Reaktion auf die US-Sanktionen gegen das Land militärisch aktiv werden können. Von den USA vorgelegte Satellitenbilder geben aber kaum Aufschluss, wer hinter den Angriffen steckt. Ein Überblick über die Akteure in der Region.
Huthis im Jemen
Die Rebellen kontrollieren große Teile des Bürgerkriegslandes und haben die international anerkannte Regierung aus der Hauptstadt Sanaa vertrieben. Saudi-Arabien unterstützt die Regierung und bombardiert die Rebellen aus der Luft, weil sie den Verbündeten des Irans von ihrer Grenze vertreiben wollen. Die Huthis wiederum greifen das Königreich immer wieder mit Raketen und Drohnen an. Dabei trafen sie schon früher wichtige Ölinfrastruktur.
Die jetzt getroffenen Einrichtungen liegen rund 800 Kilometer von der Grenze zum Jemen entfernt. Trotzdem könnten die Rebellen in der Lage sein, die Anlagen anzugreifen. Sie verfügen mittlerweile über die Drohne „Samad-3“, die sie im vergangenen Sommer präsentiert hatten und die sogar noch größere Entfernungen zurücklegen können soll. Saudi-Arabien teilte gestern mit, für die Angriffe hätten die Huthis iranische Waffen eingesetzt – und zwar Drohnen des Typs „Ababil“. Der saudische Militärsprecher sagte jedoch, die Drohnen seien nicht von jemenitischem Boden abgefeuert worden. Von wo dann?
Iran
Der Iran weist Vorwürfe aus den USA vehement zurück, besäße aber die Kapazitäten, Ziele in Saudi-Arabien anzugreifen. Doch wäre es ein untypisches Verhalten für Teheran. Die Iraner agieren in der Region gewöhnlich auf andere Art und Weise: Sie greifen nicht selbst an – sie lassen angreifen. So haben sie den Huthis im Jemen geholfen, ihre militärischen Kapazitäten auszubauen. Auch im Bürgerkrieg in Syrien unterstützen iranische „Militärberater“ zahlreiche Milizen, die an der Seite von Machthaber Baschar al-Assad kämpfen.
Milizen im Irak
Die schiitischen Milizen gehören in der Region zu den treuen Partnern des Irans. Sie kämpften schon gegen den IS. In dieser Zeit gewannen sie nicht nur große militärische Erfahrung, sondern rüsteten sich mit der Hilfe des Irans auch auf. Die Milizen hätten im Prinzip auch ein Motiv: In den vergangenen Wochen wurden Waffenlager der Gruppen im Irak mit Drohnen angegriffen. Diese machten dafür Israel verantwortlich, ebenfalls ein Erzfeind des Irans. Aus Vergeltung könnten sie nun mit Saudi-Arabien einen anderen Verbündeten der USA angegriffen haben. Allerdings sind sie bisher mit derartigen Angriffen nicht in Erscheinung getreten.